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Gnadenreiche Weihnachten

Bischof Feige zum Weihnachtsfest

Bischof Dr. Gerhard FeigeOftmals geht es in unserer Welt recht gnadenlos zu, tobt Krieg, betreiben Terroristen ihr schmutziges Geschäft, geht es um Leben und Tod, müssen Unzählige fliehen, ist das Leid unermesslich. Auch in unserer Gesellschaft versuchen Menschen andere fertig zu machen, scheint manchmal tatsächlich nur der Stärkere zu überleben, wächst der Druck ökonomischer Interessen und Zwänge. Leistung ist gefragt, Jugendlichkeit, Schönheit, Perfektion und Flexibilität. Viele haben keine Chance mehr, werden eiskalt fallengelassen oder unmerklich vergessen. Wer nicht mithalten kann, bleibt auf der Strecke. Zudem wird Persönlichstes in die Öffentlichkeit gezerrt und breitgetreten. Wie schnell sind Sündenböcke gefunden, nehmen Vorurteile und Unterstellungen anderen die Luft zum Atmen. Und dann gehen auch noch persönliche Beziehungen in die Brüche, schwindet das Vertrauen zueinander, fühlen sich immer mehr Menschen einsam und allein.

Da wirkt es vielleicht trostreich, am Weihnachtsfest aus der Bibel – genauer aus dem Titusbrief – zu hören: „Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten.“ Das heißt mit anderen Worten: Gott schenkt sich uns in seinem Sohn – unverdientermaßen und ohne Berechnung, aus reiner Liebe – und teilt unser irdisches Schicksal bis zum Äußersten. Das verleiht jeder und jedem eine unverlierbare Würde und eröffnet denen, die sich gläubig darauf einlassen, die Möglichkeit, immer wieder neue Hoffnung zu schöpfen und neuen Mut zu gewinnen.

„Begnadigt“ zu sein, bewegt aber auch dazu, den anderen gnädig zu begegnen und an der Gestaltung menschenfreundlicherer Beziehungen mitzuwirken. Selbstverständlich ist es notwendig, sich zunächst einmal für mehr Gerechtigkeit einzusetzen. Darüber hinaus oder zugleich braucht es jedoch – so die Formulierung von Papst Johannes Paul II. – eine „Kultur der Liebe“; man könnte auch noch hinzufügen: und „der Barmherzigkeit“. Dabei geht es nicht nur um irgendwelche Gefühle, sondern vor allem um eine Grundhaltung. Mit der Liebe kommt etwas in unser Leben, was wir nicht selbst machen oder verdienen können – worauf wir aber zutiefst angewiesen sind. Die Liebe ersetzt in diesem Zusammenhang nicht die Gerechtigkeit. Im Gegenteil: die Gerechtigkeit ist das Mindestmaß – und die Liebe das Übermaß. Man kann daraus zwar keine allgemein verbindlichen oder konkreten Normen ableiten, aber Liebe und Barmherzigkeit können eine Quelle der Motivation und Inspiration werden, um angemessene Lösungen zu finden. In diesem Sinn wünsche ich allen trotz oder gerade angesichts mancher bedrückender und leidvoller Erfahrungen ein gnadenreiches Weihnachtsfest sowie im Umgang miteinander viel Fantasie, Tatkraft und Herzlichkeit.

Gerhard Feige
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