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"Unglaublich, makaber und lächerlich"

Bischof Gerhard Feige zum Mauerfall

Magdeburg (pbm) – Bischof Gerhard Feige sieht die ostdeutschen Bistümer 25 nach dem Fall der Mauer vor einem „gewaltigen Gestaltwandel“. Die Möglichkeiten in Ostdeutschland seien zwar begrenzt, sagte er anlässlich des bevorstehenden Jubiläums, umso mehr wolle man im Bistum Magdeburg aber versuchen, keine geschlossene Gesellschaft zu sein, sondern als schöpferische Minderheit zu wirken, in ökumenischem Geist und in Kooperation mit anderen Partnern. 

Bischof Dr. Gerhard FeigeWährend Feige sich fasziniert zeigt, „wie durch Zuzug mancher Westdeutscher und Ausländer verschiedene unserer Gemeinden bereichert wurden“, äußert er sich hingegen befremdet über einige negative Auswirkungen der Pluralisierung. Unterschiedliche Meinungen seien durchaus willkommen und er freue sich immer aufs Neue über Meinungsvielfalt und die gewonnene Freiheit mit all ihren Möglichkeiten. Kontraproduktiv werde dies aber, „wenn jemand mit westlicher Sozialisation meint, katholischen Christen im Osten beibringen zu müssen, was wahrhaft katholisch sei“. Dies sei „angesichts unserer Glaubenserfahrung unter ganz anderen Bedingungen und unseres sorgenvollen Ringens um verantwortbare Lösungen im Geiste Jesu Christi mehr als anmaßend“. 

Glauben nicht ideologisieren

Zugleich warnte Bischof Feige vor einer Ideologisierung des Glaubens: „Auch im Christentum kann es ja vorkommen, dass manche – wie im Marxismus – die angeblich reine Lehre als geschlossenes System betrachten, dem sich alle nur ein- oder unterzuordnen haben.“ In Erinnerung an frühere Demonstrationen, Aufmärsche und Festivals betrachte er zudem manche christliche Großveranstaltung ebenso skeptisch. Massen zu begeistern, „scheint nicht unbedingt immer etwas mit wirklicher Überzeugung oder einem tiefen Glauben zu tun zu haben“.

Beim Blick zurück auf das Jahr 1989 bewegt Bischof Feige nach eigenem Bekunden heute vor allem Dankbarkeit: „Je größer der Abstand zu dem wird, was ich fast 40 Jahre in der DDR miterlebt habe, umso unglaublicher, makabrer und lächerlicher erscheint mir vieles. Ich weiß aber auch darum, dass danach kein Paradies ausgebrochen ist und viele Probleme bewältigt werden mussten und müssen.“ Dennoch wünsche er sich keinen einzigen Augenblick lang die sozialistische „Diktatur des Proletariates“ mit ihrem Versuch der „Zwangsbeglückung“, ihrer Scheindemokratie und ihrem Spitzelsystem zurück.

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