II. Durstigen zu trinken geben

Der kürzeste Weg von Mühlberg an der Elbe nach Wien geht durch Tschechien.
Es ist der 10. Dezember 2015. Ich fahre auf der Autobahn (ohne Standstreifen). Prag liegt bereits hinter mir. Da leuchtet ein Lämpchen auf … Hinweis auf einen Defekt … Was kann das nur sein?

Und schon passiert’s. Mein Auto rollt aus und sagt keinen Mucks mehr. Ich stehe auf der linken Spur. Nichts zu machen.

Telefonate vom Handy mit der Versicherung … Ein Hin und Her. Immer wieder stehe ich draußen mit der Warnweste bekleidet. Es ist eiskalt. Polizei kommt und lässt das Auto ca. 200 Meter zurückrollen auf einen Parkplatz. Wieder ein Hin und Her bzgl. Versicherung und Abschleppdienst. Es ist etwas nervig, weil auch die Verständigung nicht so ganz leicht ist.

Dann bleibe ich allein zurück mit der Hoffnung auf baldige Hilfe.

Ich gehe auf und ab neben meinem liegengebliebenen Auto. Schließlich soll mich ja der Abschleppdienst finden. Es ist nur noch kalt und es wird dunkel. So viel habe ich schon lange nicht mehr gezittert. Aber was soll’s. Durchhalten. Es wird schon.

Da kommt der Fahrer von dem LKW, der direkt hinter meinem Auto steht, auf mich zu und reicht mir einen Becher heißen Tee. Durch seine Frage „zucchero?“ schöpfe ich Mut, dass wir uns vielleicht in Italienisch verständigen können. Und das klappt. Er sagt, dass er mich gesehen und den Eindruck hatte, dass mir etwas Heißes zu trinken wohl gut tun würde.
 
Sr. Rita Breuer

ist seit fast 40 Jahren Don Bosco Schwester. Durch ihre beruflichen und ordensinternen Aufgaben ist sie viel unterwegs – vor allem in Deutschland und durch die Zusammenlegung der deutschen und österreichischen Provinz (Verwaltungseinheit) im Jahr 2014 auch in Österreich.
Er hat Recht. Dieser Becher Tee ist für mich wie die Sorge des Samariters für den Überfallenen.

Bald darauf muss er weiterfahren. Ich weiß nicht genau, woher er kam. Ich meine aus Bulgarien. Aber eines weiß ich genau: Er war barmherzig mir gegenüber.

Ich werde diese Geste nie mehr vergessen. Und immer, wenn ich dran denke, bitte ich Gott und seinen Schutzengel um Segen und Schutz für ihn und sein Unterwegssein.
 
Sr. Rita Breuer
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Newsletter des Fachbereichs Pastoral in Kirche und Gesellschaft

im Bischöflichen Ordinariat Magdeburg

(Ausgabe April 2016)
Bilder:  © magdal3na / Fotolia //
Rita Breuer

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