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Bischofskonferenz

Nr. 128 Botschaft von Papst Benedikt XVI. zum Sonntag der Weltmission 2006:

„Nächstenliebe, Seele der Mission“


Liebe Brüder und Schwestern!

1. Der Sonntag, der Weltmission, den wir dieses Jahr am 22. Oktober feiern, gibt uns Gelegenheit, uns mit dem Thema „Nächstenliebe, Seele der Mission“ zu befassen. Die Mission, die sich nicht an der Nächstenliebe ausrichtet, die nicht aus einem tiefen Akt der göttlichen Liebe hervorgeht, läuft Gefahr sich auf eine rein philanthropische und soziale Aktivität zu beschränken. Die Liebe Gottes zu jedem Menschen ist in der Tat das Herz der Erfahrung und der Verkündigung des Evangeliums und alle, die sie annehmen, werden wiederum ihrerseits zu Zeugen. Die Liebe Gottes, die der Welt das Leben schenkt, ist die Liebe, die uns durch Jesus, dem Wort des Heils, und dem vollkommenen Abbild der Barmherzigkeit des himmlischen Vaters geschenkt wurde. Die Heilsbotschaft könnte deshalb auch mit den Worten des Evangelisten Johannes zusammengefasst werden: „Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch offenbart, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben“ (1 Joh 4,9). Den Auftrag der Verkündigung dieser Liebe vertraute Jesus nach seiner Auferstehung den Aposteln an, und die Apostel, die in ihrem Inneren am Pfingstfest durch die Kraft des Heiligen Geistes verwandelt wurden, begannen von dem gestorbenen und auferstandenen Herrn Zeugnis abzulegen. Seither setzt die Kirche dieselbe Mission fort, die für alle Glaubenden eine unumgängliche und permanente Pflicht ist.

2. Jede christliche Gemeinde ist also berufen, Gott, der die Liebe ist, bekannt zu machen. Auf dieses grundlegende Geheimnis unseres Glaubens wollte ich auch in meiner Enzyklika „Deus caritas est“ eingehen. Mit seiner Liebe tränkt Gott die gesamte Schöpfung und die ganze Menschheitsgeschichte. Am Anfang erschuf der Schöpfer den Menschen als Frucht des liebenden Handelns. Die Sünde trübte später in ihm dieses göttliche Abbild. Vom Bösen irregeführt hielten sich Adam und Eva nicht an die Beziehung des Vertrauens zu ihrem Herrn, sondern sie ließen sich von dem Bösen versuchen, das ihnen den Verdacht einflößte, dass es sich bei Ihm um einen Rivalen handelte, der ihre Freiheit einschränken wollte. So zogen sie der bedingungslosen Liebe Gottes sich selbst vor und waren überzeugt, dass sie auf diese Weise nach eigenem Ermessen handeln konnten. Die Folge war, dass sie ihr ursprüngliches Glück verloren und die Bitterkeit der Trauer der Sünden und des Todes erfahren mussten. Gott ließ sie jedoch nicht im Stich, sondern er versprach ihnen und ihren Nachkommen das Heil, indem er das Kommen seines einzigen Sohnes Jesus ankündigte, der, wenn die Zeit gekommen war, seine väterliche Liebe offenbaren sollte, eine Liebe, die jedes menschliche Geschöpf von der Sklaverei des Bösen und des Todes erlösen sollte. In Christus wurde uns somit das unsterbliche Leben, das Leben der Dreifaltigkeit, verkündet. Dank Christi, dem Guten Hirten, der das verlorene Schaf nicht alleine lässt, ist es den Menschen aller Zeit möglich, in die Gemeinschaft mit Gott einzutreten, dem barmherzigen Vater, der auch bereit ist, den verlorenen Sohn wieder bei sich aufzunehmen. Das Zeichen dieser Liebe ist überraschenderweise das Kreuz. „In seinem Tod am Kreuz“, schrieb ich in meiner Enzyklika „Deus caritas est“ vollzieht sich jene Wende Gottes gegen sich selbst, in der er sich verschenkt, um den Menschen wieder aufzuheben und zu retten — Liebe in ihrer radikalsten Form. … Dort kann diese Wahrheit angeschaut werden. Und von dort her ist nun zu definieren, was Liebe ist. Von diesem Blick her findet der Christ den Weg seines Lebens und Liebens“ (Nr. 12).

3. Am Abend vor seiner Passion hat Jesus den im Abendmahlsaal zum Paschamahl versammelten Jüngern als Testament das „neue Gebot der Liebe: das mandatum novum“ hinterlassen: „Liebet einander!“ (Joh 15,17). Die brüderliche Liebe, um die der Herr seine „Freunde“ bittet, hat ihren Ursprung in der väterlichen Liebe Gottes. So schreibt der Apostel Johannes: „Jeder, der liebt stammt von Gott und erkennt Gott“ (1 Joh 4,7). Wenn wir also wie Gott lieben wollen, dann müssen wir in Ihm und durch Ihn leben: Gott ist die erste „Wohnung“ des Menschen und nur in dem, der in Ihm wohnt, brennt das Feuer der göttlichen Liebe, die in der Lage ist, die Welt zu „entflammen“. Ist nicht gerade dies die Sendung der Kirche zu jeder Zeit? Damit ist es nicht schwer zu verstehen, dass das echte missionarische Engagement, das Hauptanliegen der kirchlichen Gemeinschaft ist, mit der Treue zur göttlichen Liebe zusammenhängt und dies für jeden einzelnen Christen, für jede Gemeinde, für alle Ortskichen und das ganze Gottesvolk gilt. Gerade aus dem Bewusstsein dieser gemeinsamen Sendung heraus erwächst die Kraft der hochherzigen Bereitschaft der Jünger Christi, Werke der menschlichen und geistlichen Förderung zu tun, die wie der geliebte Papst Johannes Paul II. in seiner Enzyklika „Redemptoris missio“ schrieb, Zeugnis ablegen „für die Seele jeglicher missionarischen Aktivität: die Liebe, die Beweggrund der Mission ist und bleibt und zugleich das einzige Kriterium, nach dem zu handeln oder zu unterlassen, zu ändern oder zu bewahren ist. Sie ist das Prinzip, das alles Handeln leitet, und das Ziel, auf das es sich ausrichten muss. Was mit Blick auf die Liebe oder inspiriert von ihr geschieht ist nie zu gering und immer gut“ (Nr. 60). Missionare sein bedeutet also, Gott von ganzem Herzen zu lieben und, wenn nötig, auch das Leben für Ihn hinzugeben. Wie viele Priester, Ordensleute und Laien haben auch in unserer Zeit für Ihn das größte Zeugnis von der Liebe durch das Martyrium abgelegt! Missionar sein bedeutet, sich hinabzubeugen, wie der Gute Samariter, über die Bedürfnisse aller und insbesondere der Ärmsten und Bedürftigsten, denn wer mit dem Herzen Christi liebt, der strebt nicht nach eigenen Interessen, sondern allein nach der Herrlichkeit des Vaters und dem Wohl der Mitmenschen. Hier liegt das Geheimnis der apostolischen Fruchtbarkeit der Missionstätigkeit, die Grenzen und Kulturen überschreitet, zu den Völkern gelangt und sich bis an die äußersten Grenzen der Erde verbreitet.

4. Liebe Brüder und Schwestern, der Sonntag der Weltmission soll eine nützliche Gelegenheit sein, mehr und mehr zu verstehen, dass das Zeugnis der Liebe, die Seele der Mission ist, alle betrifft. Der Dienst am Evangelium darf in der Tat nicht als einsames Abenteuer betrachtet werden, sondern als gemeinsames Engagement jeder Gemeinde. Neben denjenigen, die an den Grenzen der Mission an vorderster Front tätig sind - und ich denke dabei mit Dankbarkeit an die Missionare und Missionarinnen - nehmen viele andere, Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch ihr Gebet und die Zusammenarbeit auf unterschiedliche Weise an der Verbreitung des Reiches Gottes auf Erden teil. Ich wünsche mir, dass dieses gemeinsame Handeln durch das Mitwirken aller immer größer wird. Ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, um der Kongregation für die Evangelisierung der Völker und den Päpstlichen Missionswerken (PMW) zu danken, die mit Hingabe die Anstrengungen koordinieren, die in aller Welt zur Unterstützung der Tätigkeit jener unternommen werden, die an vorderster Front in der Mission sind. Die Jungfrau Maria, die mit ihrer Gegenwart am Kreuz und ihrem Gebet im Abendmahlssaal aktiv an den Ursprüngen der kirchlichen Sendung teilnahm, möge ihr Handeln unterstützen und den Christusgläubigen helfen, mehr und mehr zur wahren Liebe fähig zu sein, damit sie in einer Welt, die nach Spiritualität dürstet, Quelle des lebendigen Wassers werden. Dies wünsche ich mir von Herzen und erteile damit meinen Segen.

Aus dem Vatikan, am 29. April 2006
BENEDICTUS PP XVI

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