
Herausforderungen der Zeit
Herbstvollversammlung des Katholikenrates im Bistum Magdeburg
An Russlands Krieg in der Ukraine kommt derzeit niemand vorbei. Auch in den Kirchen prägen die Ereignisse vielfach die Debatten – so auch bei der Herbstvollversammlung des Katholikenrats im katholischen Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle.
„Orthodoxie und Ukraine-Krieg – Herausforderungen für die Ökumene“ war das halbjährlich stattfindende Treffen der obersten Laienvertreter im Bistum diesmal überschrieben, und dafür hatte der Katholikenrat eine Expertin in Sachen Orthodoxie eingeladen: Regina Elsner ist seit 2017 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) in Berlin und bekannt aus zahlreichen Fernsehauftritten. Die katholische Theologin forscht insbesondere zur sozialethischen Haltung der orthodoxen Kirchen in Osteuropa seit dem Ende der Sowjetunion.
Seit Kriegsbeginn, so berichtete Elsner, seien in der Ukraine über 200 Kirchen zerstört worden – die meisten von ihnen gehörten der Ukrainisch-orthodoxen Kirche, die bis Mai dieses Jahres mit dem Moskauer Patriarchat verbunden war, bis sie sich davon weitgehend losgesagt hat. „Moskau zerstört seine eigenen Kirchen“, so Elsner in ihrem Vortrag.
Die Ukraine beschrieb sie als ein religiös buntes Land: Es gibt keine Mehrheitskirche wie in Russland, neben den beiden orthodoxen Kirchen des Moskauer und Kiewer Patriarchats existiert eine vor allem im Westen des Landes verankerte Ukrainische griechisch-katholische Kirche, die zwar dem byzantinischen Ritus folgt, aber dennoch mit Rom verbunden ist. Diese religiöse Vielfalt habe der Ukraine in den vergangenen 30 Jahren beim Aufbau demokratischer Strukturen geholfen, so Elsner.
Und das sei ein großer Unterschied zu Russland, wo die russisch-orthodoxe Kirche bisher so gut wie keine kritische Distanz zum Staat entwickelt habe. Eine Friedens- oder Sozialethik, in der die Kirche ihre Haltung zum Gemeinwohl definiert, stecke noch in den Anfängen. Russland sei ein autoritärer Staat, die russisch-orthodoxe Kirche sei Staatsreligion.
In der Ökumene zwischen Rom und den Orthodoxen gebe es bisher keine Gesprächskanäle, so die Osteuropa-Expertin. Die vatikanische Ostdiplomatie nannte sie „Moskau-fixiert“. Es gelte das Prinzip der Nichteinmischung in innerkirchliche Fragen – und es fehle dem Vatikan an Osteuropa-Kompetenz.
Ein weiteres aktuelles Thema bestimmte die Vollversammlung: Der Synodale Weg innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland, der Anfang September in Frankfurt am Main grundlegende Beschlüsse zu innerkirchlichen Reformen gefasst hat. Es gelte nun zu prüfen, wie die Beschlüsse im Bistum umgesetzt werden.
Eine Forderung wurde bereits deutlich: Die Laien wollen in Zukunft aktiv mitentscheiden, nicht nur beraten. „Der Synodale Rat auf Bistumsebene muss kommen“, forderte Katholikenrats-Geschäftsführerin Regina Masur.
(O. Gierens; Fotos: Gierens, Glanz)