
Die Zeitenwende Gottes
Palmsonntag in der Kathedrale St. Sebastian in Magdeburg
Mit der Palmsonntagsfeier feiern Christinnen und Christen den Beginn der Heiligen Woche. Noch jubeln die Menschen Jesus zu, als er auf einem Esel reitend in die Stadt Jerusalem eintritt. „Doch bald kippt die Stimmung“, so Bischof Dr. Gerhard Feige vor der Segnung der Palmenzweige vor der Kathedrale. „Bald wird die Menschenmenge ‚Kreuzige ihn‘ rufen.“
Auch heute sei eine sehr eigenartige, widersprüchliche Stimmung wahrnehmbar, stellte Diakon Christoph Tekaath in seiner Ansprache fest. „Was erwarteten die Menschen damals? Die Befreiung aus der römischen Unterdrückung. Ein ‚Messias‘, damals ein eher politischer Begriff. Jesus der Superstar, der Held soll es richten. Mit der Feier des Palmsonntags verdichtet sich die Botschaft Jesu und so beginnt mit dem Einzug in Jerusalem auch eine Zeitenwende, denn der Begriff Zeitenwende verweist auf einen bedeutenden Wandel und eine grundlegende Veränderung, die die Welt und die Menschheit nachhaltig prägt und in eine neue Richtung lenkt.“
Auch wir erleben eine Zeitenwende. „Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor.“ - so Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung in der Sondersitzung zum Krieg gegen die Ukraine vor dem Deutschen Bundestag wenige Tage nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine. Aber was sind Zeitenwenden", so der Diakon. „Der Begriff ‚Zeitenwende‘ beschreibt einen bedeutenden Wandel oder eine grundlegende Veränderung in der Geschichte. Es geht dabei um einen Wendepunkt, an dem sich die Dinge nicht mehr so entwickeln wie zuvor, sondern eine neue Ära beginnt – es folgen tiefgreifende gesellschaftliche, politische oder kulturelle Veränderungen.“
Der Einzug Jesu in Jerusalem sei ein symbolischer Akt gewesen, so Tekaath, der uns zeige, wie Jesus in die Welt gekommen ist, um den Menschen Liebe, Frieden und Versöhnung zu bringen. Er kam nicht als mächtiger Herrscher, sondern als Demütiger und Friedensstifter. „In unserer heutigen Zeit, die geprägt ist von Krieg, Hass und Gewalt, brauchen wir diese Botschaft mehr denn je. Jesus fordert uns auf, uns gegenseitig zu lieben und zu achten, anstatt uns zu bekämpfen und zu spalten. Er fordert uns auf, uns um die Armen und Bedürftigen, anstatt uns nur um unser eigenes Wohl zu kümmern.“
Der Einzug Jesu in Jerusalem war auch ein Vorbote seines Leidens und seiner Kreuzigung. „Trotz oder gerade wegen der Zeitenwende, in diesen Tagen des schrecklichen Ukraine-Krieges, glaube ich an die Zeitenwende Gottes: Der erwartete Herrscher beim Einzug in Jerusalem wird zum Diener und wäscht seinen Jüngern die Füße, der Mächtige, der zwölf Legionen Engel schicken könnte, wirbt für Gewaltlosigkeit und sagt seinen Jüngern: Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen, der Verräter wird als Freund bezeichnet, der Verleugner Petrus wird zum Stellvertreter, der Verbrecher am Kreuz wird an den Tisch geladen. Und Ostern erleben wir den Höhepunkt der Zeitenwende: Tod wird Leben.“
(sus; Foto: Sperling)