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Auftrag der Kirche: Schulen

Dietmar Gotzhein über Kirche, Schule, Politik

pbm: Mit welchen Erwartungen sind Sie vor zehn Jahren ins Bistum Magdeburg gekommen?
Gotzhein: Mich reizte vor allem die politisch außerordentlich offene Situation. In dieser Situation habe ich es als persönliche Herausforderung gesehen, am Aufbau des neuen Schulwesens mitzuwirken. Vor allem bewegte mich die Hoffnung, hier mit dem Bistum als Schulträger nach fast 60 Jahren Diktatur Leuchttürme zu bauen mit einer positiven Wirkung auf die gesamte Gesellschaft. Der Betrieb von Schulen gehört, davon bin ich überzeugt, zum Auftrag der Kirche und er ist ein guter Weg, christliche Werte in die öffentliche, demokratische Gesellschaft einzubringen.

Haben sich diese Erwartungen erfüllt?
Nun ja, ich hatte gedacht, in zehn Jahres ist alles geschafft, heute sehe ich aber, das kann nicht die Aufgabe nur einer Generation sein. Um die Folgen dieser langen von Diktaturen geprägten Zeit zu überwinden, braucht es wohl doch mehrere Generationen.

Trotz nicht gerade üppig gefüllter Kasse leistet sich das Bistum Magdeburg mehrere Schulen. Immer wieder werden Stimmen laut, die das nicht gut heißen...
Natürlich kenne ich diese Stimmen und nehme sie sehr ernst. Ich denke aber, dass unser Bistum sich mit seinem Leitwort „...um der Menschen Willen“ ein Ziel gesetzt hat: Wir wollen vor allem den jungen Menschen das christliche Menschenbild vermitteln. Mit einem Kind, das eine unserer Schulen besucht, und das von dem dort erfahrenen Geist anderen etwas mitteilt, entfaltet sich über Eltern, Großeltern und Freunde ein beachtlicher Kreis der Kommunikation, in dem unsere Botschaft und unsere Werte lebensbedeutend werden können. Denn die Schüler erfahren authentisch: So denkt man, so handelt man, so lebt man, wenn man ein Christ ist. Wo sonst haben wir noch diese Möglichkeiten!

Trotzdem äußern vereinzelte Stimmen, das Bistum könne sich übernehmen...
Ich will die Vorteile und Chancen, die unser schulisches Engagement für die Menschen und die Kirche mit sich bringt, nicht wiederholen, aber doch soviel: Unsere Schulen sind überwiegend staatlich anerkannte Schulen und den staatlichen Schulen gleichwertig; aus diesem Grund werden sie zu etwa 80 Prozent gefördert. Nirgends sonst, außer vielleicht bei der Caritas, bieten sich uns solche Möglichkeiten!

Welche Rolle spielt hier die Edith-Stein-Schulstiftung?
Mit dieser Stiftung, die wir ja gerade erst gegründet haben, bekommen unsere Schulen eine finanzielle Sicherheit. Auf Dauer machen wir sie damit vom Haushalt des Bistums unabhängig und ermöglichen anderen, unsere pädagogische und gesellschaftliche Arbeit nicht nur als eine kirchliche, sondern auch als eine Aufgabe aller Bürger zu erfahren und zu unterstützen, eben „...um der Menschen willen“.

Wird es in Zukunft weitere neue Schulen in Trägerschaft der Schulstiftung des Bistums Magdeburg geben?
Zum Beginn des neuen Schuljahres wollen wir noch einmal zwei Grundschulen in Oschersleben und Haldensleben gründen. Viele Eltern hatten sich dort seit Jahren darum bemüht. Mit diesem Schritt sind wir nun aber wirklich an die Grenze unserer finanziellen Möglichkeiten gekommen. Andererseits verlangt die Situation im Land, dass wir wenigstens noch eine Sekundarschule errichten. Nur dann können wir bei schulischen Themen wirklich authentisch mitreden. Die Sekundarschule ist eine besonders schwierige Schule. Dieser Herausforderung sollten wir uns doch noch stellen.

Zwei Einrichtungen wurden in den vergangenen Jahren geschlossen, das Norbertinum und die Sozialfachschule St. Mathilde. Wie sicher sind die bestehenden Einrichtungen?
Die Schließungsgründe für beide Einrichtungen waren sehr speziell. St. Mathilde mussten wir schließen, weil sich die Ausbildungsordnung für die Kranken- und Altenpflege so verändert hat, dass sich unser Konzept nicht mehr verwirklichen ließ. Das Norbertinum hatte nach der Wende einfach seine Kernaufgabe verloren, die spezielle Hinführung zum Theologiestudium, und war darum nicht mehr notwendig. Dagegen sind die Erziehung und Bildung in unseren Grundschulen und Gymnasien weiter sehr gefragt. Und auch das Pastorale Zukunftsgespräch zeigt ja sehr deutlich, wie wichtig wir unsere diakonisch-missionarischen Aufgaben nehmen müssen. Die Chancen unserer Schulen sind da sehr groß.

In der Verantwortung Ihrer Hauptabteilung liegt auch die Organisation des schulischen Religionsunterrichts. Gelegentlich zeigten Sie in der Vergangenheit Unmut über die Realisierung des Faches. Warum sind Sie mit dem aktuellen Stand der Dinge unzufrieden?
Weil ich es für einen Skandal halte, dass gerade in unserer Region, wo der Werte vermittelnde Unterricht so notwendig ist, bis heute nur zirka zehn Prozent der Schulen Religionsunterricht und Ethik als Pflichtfach anbieten.

Wo liegen die Gründe?
Vor allem bei der Politik, bei der Regierung nach dem „Magdeburger Modell“. Dort hat man es uns in den vergangenen Jahren immer schwer gemacht, die ordentlichen Lehrfächer evangelischer Religionsunterricht, katholischer Religionsunterricht und Ethik neu einzuführen. Die Ausschreibungen für Religionslehrer wurden zum Beispiel mit Bedingungen gekoppelt, die kaum auf genügend Bewerber hoffen lassen konnten.

Aber es gibt ja jetzt das Institut für die Religionslehrerausbildung in Halle...
Dafür haben wir allerdings neun Jahre kämpfen müssen, bis die neue Regierung das Institut zügig eingerichtet hat. Ab sofort haben wir die Möglichkeit, in Sachsen-Anhalt Religionslehrer ausbilden zu lassen. Ich hoffe, dass sich genügend Studenten finden.

Probleme mit dem Religionsunterricht gibt es aber auch auf Seiten der Kirche...
Unser Bischof hat sich immer für den schulischen Religionsunterricht eingesetzt. Aber nicht alle sehen die Möglichkeiten, die er uns bietet. Viele setzen lieber einseitig auf die zu DDR-Zeiten sehr gute Gemeindekatechese.

Und was ist Ihrer Ansicht nach daran falsch?
Wir haben heute eine pluralistische Situation. Auch für etliche Christen ist die Kirche ein Angebot neben anderen. Die Gemeindekatechese, also das, was früher der Religionsunterricht war, steht in Konkurrenz mit vielen Freizeitangeboten. Dort wo es möglich ist, sollten wir in den Schulen Religionsunterricht anbieten und zwar von Lehrern unterrichtet. Die Gemeinden hätten dann Gelegenheit, sich für eine intensivere Glaubensvertiefung einzusetzen sowie Verbands- und Ministrantenarbeit, Gruppenstunden und Familientage anzubieten. Es ist zu einfach, alle Probleme nur auf den schulischen Religionsunterricht zu schieben.

Nach Ihrer Verabschiedung werden Sie zurück gehen in Ihren Heimatort Haselünne. Stehen Sie dem Bistum Magdeburg trotzdem noch zur Verfügung?
Meine Heimat in den vergangenen Jahren war Magdeburg. Ich fühle mich hier wohl und habe hier sehr viel Offenheit erfahren. Das Bistum Magdeburg und seine Schulen bleiben mir selbstverständlich eine Herzensangelegenheit. Die zehn Jahre hier waren beruflich meine wichtigste Zeit. Und wenn es gewünscht ist, stehe ich gern mit Rat und Tat zur Seite.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger Thomas Quecke?
Drei Dinge:

  • Dass es ihm gelingt, die Lehrer zu finden, die wir brauchen, um unser gutes pädagogisches Konzept umzusetzen.
  • Dass es ihm gelingt, die Bedeutung unserer Schulen für die Kirche im Bistum Magdeburg zu verdeutlichen und zu festigen.
  • Und dass es ihm gleichfalls gelingt, im überwiegenden Teil der Schulen in Sachsen-Anhalt Religionsunterricht und Ethik zu einer Selbstverständlichkeit werden zu lassen.

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