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Feige: Reform ost-tauglich machen!

Diözesanadministrator zu Hartz IV

Hartz IV ist zur Zeit das Reizwort in unserem Land und ganz besonders hier bei uns in Ostdeutschland. Viele Menschen haben Angst vor dem sozialen Abstieg. Kaum einer weiß genau, was ihn erwartet. Die schlechte Informationspolitik der Bundesregierung hat zu großer Unsicherheit geführt. Es ist darum verständlich, dass zahlreiche Menschen auf die Straße gehen und so deutlich auf ihre Probleme aufmerksam machen. Allerdings halte ich die zum Teil aggressive und inhaltlich undifferenzierte Haltung einiger Demonstranten für bedenklich. Ich habe die Sorge, dass Extremisten versuchen, die Proteste zu missbrauchen. Dazu darf es nicht kommen! Andernfalls laufen wir Gefahr, unsere Gesellschaft und ihre rechtsstaatliche Ordnung zu demontieren.

Hartz IV kann jetzt nicht mehr grundsätzlich rückgängig gemacht werden. Dafür ist es inzwischen zu spät. Zugleich gibt es kein anderes politisch so breit mitgetragenes Konzept. Im Grunde weiß jeder, dass es so wie bisher in Deutschland nicht weiter gehen kann. Der Sozialstaat ist in seiner Grundform nur zu retten, wenn es zu einschneidenden Veränderungen kommt. Die Welt hat sich in den vergangenen Jahrzehnten radikal verändert, Reformen sind darum auch bei uns unausweichlich. Schon vor Jahren hätte klar gemacht werden müssen, dass Besitzstandswahrung oder gar -mehrung auf Dauer unmöglich ist. Hier haben die Politiker aller etablierten Parteien versagt.

Vielleicht muss Hartz IV noch in einigen Punkten verändert werden. Es ist beispielsweise nicht hinzunehmen, dass Familien, die das Arbeitslosengeld II erhalten, stärkere Einbußen erleiden als Unverheiratete. Gleichfalls muss die abzusehende Altersarmut - vor allem in Folge der sogenannten „58er Regelung“ - verhindert werden. Hartz IV hätte versagt, wenn in Ostdeutschland, wo auf eine offene Stelle etwa drei Dutzend Arbeitslose kommen, keine neuen Arbeitsplätze entstehen.

Nur wenn die Reform osttauglich ist, das heißt hier auch neue Arbeitsplätze entstehen, sind die zu erwartenden harten Einschnitte für die Arbeitslosen zu rechtfertigen.

Als katholische Kirche wollen wir diesen Prozess, so gut wir es können, begleiten. Wir werden alles versuchen, den Betroffenen zu helfen: Unsere kostenlosen Beratungsstellen stehen jedem offen. Zudem wird geprüft, wie wir künftig noch Arbeitsplätze schaffen können, und selbstverständlich greifen wir Menschen weiter unter die Arme, wo immer es uns möglich ist.

Weihbischof Dr. Gerhard Feige
Diözesanadministrator

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