Bistumskarte Jetzt spenden

Ich lebe, weil du es willst

Predigt zum Requiem für Bischof Johannes Braun


Diözesanadministrator Dr. Feige
Als Johannes Braun 1970 Bischof wurde, wählte er zu seinem Wahlspruch: „In fide et veritate – In Glaube und Wahrheit“. Diese Worte stammen aus dem 1. Brief des Apostels Paulus an Timotheus, wo es heißt (2,7): „Dafür bin ich zum Herold und Apostel bestellt, zum Lehrer der Völker in Glaube und Wahrheit.“

Die Offenbarung des göttlichen Heilswillens und das Erlösungswerk Christi bekanntzumachen, zum Glauben zu führen und die Glaubenden zu stärken – das galt für Johannes Braun auch schon vor seiner Bischofsweihe. Und so steht er in der Stunde des Abschiedes auch wieder vor uns: als engagierter Zeuge und Verkünder des christlichen Glaubens in Wort und Tat.

Wovon spricht sein Leben?
Was ist an ihm sichtbar geworden?
Was würde er uns heute als Mahnung oder Anregung mit auf den Weg geben?



Ein Hirtenwort aus dem Jahre 1980 scheint mir da recht aufschlussreich zu sein. Mit ihm sollten die Gläubigen auf die Feierlichkeiten zum 900. Geburtstag des heiligen Norbert von Xanten vorbereitet werden. Und was da über den zwei Jahre später zum Patron der Magdeburger Kirche erhobenen Heiligen gesagt wird, gibt nicht nur Einblicke in dessen Leben, sondern spiegelt auch wieder, wie Bischof Johannes Braun sich und sein Wirken erfahren hat und was ihm entscheidende Anliegen waren.

1.Er blieb ein Fremdling

An erster Stelle heißt es da, dass Norbert, wo immer er lebte und arbeitete, ein Fremdling blieb. Begabt, eifrig und unbestechlich traf er auf manchen Widerstand. Und Bischof Johannes Braun fragt: „Wer von uns muss nicht auch diese Erfahrung machen? (...viele Jahre hindurch oder nur wenige?). Sie ist wohl notwendig auf dem Weg hin zum Ziel, um zwischen Gut und Böse, zwischen Geborgenheit und Unsicherheit den Weg zu finden.“

Und tatsächlich sind solche Erfahrungen ihm nicht erspart geblieben. Was muss in ihm vorgegangen sein, als er 1948 das katholische Paderborn in Richtung mitteldeutsche Diaspora mit dem Hinweis verließ: „In Helmstedt haben Sie einen Fußweg von ca. 1 Stunde bis zum Schlagbaum an der Zonengrenze, wo ein Auto von Magdeburg Sie abholt“?

Jahrzehntelang hat er dann die politischen Verhältnisse in der DDR nur zähneknirschend ertragen. Nach der Wende rechnet er in mehreren Publikationen mit dieser Zeit „Hinter Mauer und Stacheldraht“ ab und spricht von „Volk und Kirche in der Dämmerung“.

Aber auch innerkirchlich sah er seine Aufgabe als Bischof und die Situation vielfach so, wie es der 2. Timotheusbrief beschwört (4,2-5): „Verkünde das Wort, tritt dafür ein, ob man es hören will oder nicht; weise zurecht, tadele, ermahne,... Denn es wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nicht erträgt, sondern sich nach eigenen Wünschen immer neue Lehrer sucht, die den Ohren schmeicheln... Du aber sei in allem nüchtern, ertrage das Leiden, verkünde das Evangelium, erfülle treu deinen Dienst.“

Sich nicht sklavisch den Gegebenheiten dieser Welt unterzuordnen, sich vielmehr vom Geist Gottes leiten zu lassen und mutig für die Wahrheit einzutreten, ist wohl das erste Herzensanliegen, dass uns Bischof Johannes Braun mit auf den Weg gibt. Dabei dürfen wir aber – wie Paulus – davon überzeugt sein (Röm 8,18),
„daß die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll“.

Mit dieser Perspektive wird es möglich, auch Vergänglichkeit zu verkraften und die Angst vor dem Tod zu überwinden.

2.Er war ein guter Baumeister

In seinem Hirtenwort von 1980 erinnert Bischof Johannes Braun in einem zweiten Punkt,
„dass Norbert sein Leben lang Hand anlegte, immer neue Pläne hatte, um für Gott und seine große Gefolgschaft Kirchen und Klöster zu bauen“.
Negative Erfahrungen haben Norbert also nicht gelähmt und gehindert, sich tatkräftig der Ausbreitung des Reiches Gottes zur Verfügung zu stellen.

Und so hat auch unser verstorbener Bischof sich gemüht, ein guter Baumeister zu sein und das in seinen Kräften Stehende Wirklichkeit werden zu lassen. In seinem Wappen bringt das der Spaten zum Ausdruck: Symbol für sein Bestreben, Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Boden für das Wort Gottes zu bereiten. Besonders erinnert dieser Spaten an seinen Aufbau des Norbertuswerkes und seine Tätigkeit in diesem Studienhaus für Spätberufene. Darüber sagt er einmal selbst: „Die fast 18 Jahre, in denen ich dort gearbeitet habe, gehören zu den schönsten meines Priesterlebens. Menschliche Kontakte, eine sichtbare Begegnung mit Christus in den vielfältigen Formen von Frömmigkeit und Arbeit, Freude und Fröhlichkeit und ein sehr bewusstes Zugehen auf den Priesterberuf haben diese Jahre geprägt für Schüler, Lehrer und ihren Chef“
Ja, das hat ihn herausgefordert und erfüllt. Und später als Bischof hat er anderes aufgebaut, eingerichtet oder erneuert: Kirchen und Gemeindezentren, Bildungshäuser und sozial-carita-tive Aktivitäten. Er war zwar der Meinung:
„Wir können uns heute nicht an einem so großen Werk beteiligen, wie es das Werk Norberts war. Aber“ - so fragte er - „brauchen wir nicht überall in den Familien, Gemeinden und in der ganzen Kirche den Eifer jener, die Hand anlegen, der Not zu Leibe gehen, die den Frieden stiften und ihn erhalten? Brauchen wir nicht mehr denn je jene Baumeister nach der Art des heiligen Norbert, die für Leib und Seele das Leben wertvoll machen?“

3.Er lebte aus der Kraft Christi

Und hier wird schon deutlich, dass es Bischof Braun nicht nur um äußeren Aufbau ging; dieser sollte vielmehr dem Eigentlichen dienen: innerem Wachstum und lebendigem Glauben. So kommt er am Ende seines Hirtenbriefes von 1980 auch darauf zu sprechen, dass der heilige Norbert oftmals mit einer Monstranz in der Hand dargestellt wird – Ausdruck dafür, wie sehr er aus der Begegnung mit Christus im eucharistischen Sakrament gelebt hat. Die Mitte nicht aus den Augen zu verlieren, dort Kraft zu schöpfen, wo unsere wahren Quellen sind, und sich immer wieder geistlich zu besinnen, ist unabdingbar dafür, Jesus Christus wirklich nachfolgen zu können. Wer sollte sonst in der Lage sein, sein Leben aufs Spiel zu setzen und wie das Weizenkorn Frucht zu bringen?
Und so findet sich im Wappen von Bischof Johannes Braun auch ein Weizenkorn als Ausdruck jener inneren Dimension des Christseins, die gerade in der Kreuzesnachfolge einen Weg zum wahren Leben sieht.

Schon lange, bevor ihn die Kräfte merklich verließen, schrieb der verstorbene Bischof (1973) in einem anderen Hirtenwort:
„Die Krankheiten als die Nöte des Lebens lassen uns die Grenzen eigener Leistungen immer wieder und oft ganz unvermutet erleben... Wie leicht können Krankheiten zur offenen Tür auf die Ewigkeit hin werden... Leid, Krankheit und Tod behalten (auch für Christen) ihre Schrecken... Aber im Schatten des Kreuzes sind sie Wegzeichen auf Gott hin, der auch sie noch zu Dienern unseres Heiles machen kann.“

Worauf es in Wirklichkeit ankommt, darauf sollen auch die zahlreichen Heiligen unseres Landes hinweisen, die Bischof Johannes Braun neu ins Bewusstsein gebracht hat und deren Verehrung ihm ein großes Anliegen war. In ihnen ist Christus verherrlicht, in ihnen nimmt seine Botschaft vielfältige Gestalt an, in ihnen finden wir Hoffnungsträger und Fürsprecher.

„Ich lebe, weil du es willst“, so hat der Verstorbene eines seiner Bücher überschrieben. Gott, der ihm das Leben geschenkt hat und die Kraft verlieh, in Wort und Tat, glaubhaft und getreu das Evangelium Jesu Christi zu verkünden, er führe ihn nun aus der Fremde in die himmlische Heimat, er vergelte ihm all seinen Einsatz für den Aufbau der Kirche in unserem Land und die Ausbreitung des Reiches Gottes, er schenke ihm Anteil an seiner Herrlichkeit und lasse ihn mit allen Heiligen das verkosten, was Christus denen bereitet hat, die ihn lieben: Leben in Fülle.

Dr. Gerhard Feige
Diözesanadministrator

link

Themen und Partnerportale