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Heiligkeit des Lebens fordert uns heraus

Bischof Gerhard Feige zum Weihnachtsfest

Bischof FeigeWas ist der Mensch? Ein blinder Zufall der Natur? Ein unbedeutendes Glied in der Kette der Entwicklung? Ein verwertbares Serienprodukt? Christen denken da anders. Und Weihnachten als Geburtsfest Jesu von Nazareth verdeutlicht dies auf seine Weise. Gott selbst wird Mensch, damit der Mensch sich wieder seiner göttlichen Herkunft bewusst wird, Hoffnung schöpft und menschlicher miteinander umgeht.

Nicht Stärke und Macht, Reichtum und Schönheit, Intelligenz und Erfolg sind das Maß aller Dinge, sondern die göttliche Würde, die einem jeden Menschen innewohnt, vom Embryo bis hin zum Sterbenden. Jeder Mensch ist einmalig und nicht genormt, zur Freiheit berufen und nicht als Marionette gedacht, in vielem berechenbar und doch unendlich geheimnisvoll, mit einer eigenen Geschichte, Sehnsucht und Zukunft. Auch in denen, die anderen als nutzlos, belastend und überflüssig erscheinen, leuchtet das Antlitz Gottes auf.

Von daher gibt es keine wertlosen Menschen, aber auch keine wertvollen. Hilfreich ist dazu, was Immanuel Kant schreibt: „Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes … gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist …, hat eine Würde.“

Tragischerweise wird die einzigartige Würde des Menschen aber immer wieder in Frage gestellt oder sogar mit Füßen getreten: durch Mord und Totschlag, Missbrauch und Gewalt, in der Forschung wie in der Medizin, unter ökonomisch-wirtschaftlichen Aspekten wie im alltäglichen Umgang miteinander. Wie oft werden doch Menschen zur Durchsetzung fragwürdiger Zwecke manipuliert und ausgenutzt. Wie viele geraten durch Arbeitslosigkeit und Verarmung ins soziale Abseits und fühlen sich entehrt. Wie sehr ist unsere Gesellschaft aber auch in bioethischen Fragen erschüttert: zwischen utopischer Erwartung und Furcht vor unkalkulierbarem Risiko. „Werden Eltern behinderter Kinder eines Tages bestraft?“, so wird inzwischen schon gefragt, „Kann man bald auch ein gewünschtes Verhalten züchten?“, oder „Wer hat eigentlich beschlossen, dass ein Mensch mit Down-Syndrom kein lebenswertes Leben hat?“: 3 von 8500 Fragen, die im Internet gesammelt wurden und in einem Buch unter dem Titel „Was wollen wir, wenn alles möglich ist?“ zu finden sind.

Die unbedingte Achtung vor der Würde eines jeden Menschen und die Ehrfurcht vor der Heiligkeit des Lebens ist eine bleibende Herausforderung. Ihr gilt es, sich immer wieder tatkräftig und liebevoll zu stellen – und das nicht nur zu Weihnachten!

Gerhard Feige

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