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„Tod und Trauer an der Schule“

Ökumenischer Religionslehrertag – Interviews reflektieren die Arbeit

Mit „Tod und Trauer an der Schule“ hat der Ökumenische Religionslehrertag ein Thema gefunden, das zu bedenken und zu besprechen einfach dran war. Die herzlichen Begegnungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die guten Gespräche haben es leichtgemacht, das schwere Thema zu bearbeiten.

Nach dem Gottesdienst in der Kathedrale St. Sebastian zu Magdeburg, der von Bischof Dr. Gerhard Feige, Kirchenpräsident Joachim Liebig sowie Propst Christoph Hackbeil  geleitet und von Kathedralmusiker Matthias Mück musikalisch gestaltet wurde, stand die Arbeit in sieben Workshops im Mittelpunkt.

Die Workshops beleuchteten das Thema „Tod und Trauer in der Schule“ einerseits theoretisch, also wie die Lehrpläne seine Bearbeitung empfehlen, andererseits widmeten sie sich der Herausforderung des Schulalltags auf ganz praktische Weise. Dabei wurde deutlich: Tod und Trauer sind Realität an den Schulen. Die staatlichen und kirchlichen Lehrkräfte werden das, was sie in den Workshops besprochen und erlebt haben, in ihr Kollegium hineintragen. Und sie können ihre Erkenntnisse, die sie neu hinzugewonnen haben, auch in andere Bereiche des Lebens mit hineinnehmen, beispielsweise in die Familie, aber auch in die Kirchengemeinde.

Zwei Interviewauszüge weisen den Ertrag des Ökumenischen Religionslehrertags aus: Dr. Ekkehard Steinhäuser, Direktor des PTI, sprach mit Brigitte Schattenberg, kirchliche (evangelische) Lehrkraft an zwei staatlichen Grundschulen und einer staatlichen Sekundarschule im Kirchenkreis Halberstadt, die an dem Workshop „Notfall-Seelsorge in der Schule im akuten Notfall“ teilnahm, den Landespolizeiseelsorgerin Thea Ilse angeboten hat:

Steinhäuser: „Frau Schattenberg, Sie haben den Workshop von Frau Ilse besucht. Was hat Sie dabei besonders angesprochen?“

Schattenberg: „Bei dem Workshop ging es ja um den Krisenfall, um die Seelsorge und um das Bekümmern in dem Moment, in dem eine Katastrophe in einer Schule stattfindet. Ein plötzlicher Tod oder ein Unfall. Und in einer der Schulen, in der ich unterrichte, hatten wir eine Problematik Ende des Jahres, die mich sehr betroffen hat. Und für mich ist es sehr wichtig gewesen, in diesem Workshop zu hören: Wie weit kann man vorbereitet sein als Lehrerkollegium? Wie weit kann man vorbereitet sein als Religionslehrer auf eventuelle Katastrophen? Und wie wird es koordiniert?“

Steinhäuser: „Wie hat denn der Workshop auf sie gewirkt?“

Schattenberg: „Ich fand es sehr beruhigend zu erfahren, dass man betroffen sein darf und dass es auch eine Chaos-Zeit im Brennpunkt gibt, und dass man den auch akzeptieren kann. Und es war vor allem wichtig für mich zu hören, dass wir ein lückenloses Netz haben an Krisenmanagement und Seelsorgern, die man ansprechen kann, denn das ist im Alltag in der Schule so nicht präsent, nicht in jeder Schule.“

Steinhäuser: „Werden Sie das, was Sie heute erlebt haben, mit in den Berufsalltag hineinnehmen können?“

Schattenberg: „Ja, auf alle Fälle. Denn die drei Schulen, an denen ich unterrichte, wissen darum, dass ich heute hier an diesem Tag teilnehme. Es geht darum, dass die Kollegen einfach diese Fragen haben und ich jetzt zu Hause, das heißt also im Kollegium, berichten kann, was ich heute gehört habe. Denn in den Schulen wird sich bemüht um dieses Thema, um einfach auch vorbereitet zu sein. Und ich werde dann als eine Art Multiplikator das hoffentlich gut weitergeben können.“

Das zweite Interview führte Steinhäuser mit Jörg Nowotny, kirchliche (katholische) Lehrkraft an einem kirchlichen Gymnasium der Edith-Stein-Schulstiftung des Bistums Magdeburg, der an dem Workshop „Rituale der Bewältigung von Trauer und Tod im Kontext der Schulgemeinschaft“ teilnahm, den Bruder Clemens Wagner (OFM) vom Katholischen Schulzentrum Halle angeboten hat:

Steinhäuser: "Herr, Nowotny, Sie haben den Workshop bei Bruder Clemens Wagner besucht. Was war das Eindrücklichste für Sie an diesem Workshop?“

Nowotny: „Die Offenheit, mit der Bruder Clemens Wagner an die Thematik herangegangen ist. Auch, dass keine Problemfälle ausgeklammert wurden, sondern dass auch explizit auf Problemfälle wie Suizid, Depression usw. eingegangen wurde, und dass da für mich sowohl beruflich wie auch persönlich sehr viele Anregungen dazu gekommen sind, die ich auch im Alltag, im Schulalltag und im Gemeindealltag zu Hause umsetzen kann.“

Steinhäuser: „Wie hat denn das, was Sie im Workshop erlebt haben, auf Sie gewirkt?“

Nowotny: „Einerseits war ich sehr neugierig geworden auf das, was Bruder Clemens uns selber erzählt hat. Es sind auch alte Erinnerungen in mir persönlicherseits hochgekommen, wo ich gesehen habe: Ein Todesfall, da wächst eben kein Gras drüber! Das verfolgt einen immer wieder. Und deswegen sind die Ansätze, die wir genannt bekommen haben, nämlich auf persönliche Umstände und persönliche Dinge des Verstorbenen einzugehen, ganz wichtige Sachen, weil: Diese Todesfälle begleiten einen unter Umständen sein ganzes Leben lang.

Steinhäuser: „Werden Sie das, was Sie in diesem Workshop erfahren haben, auch weiterbewegen können? Geht es in die schulpraktische Arbeit ein?“

Nowotny: „Ja. Wenn ich daran denke, wie viele Kollegen in den drei Todesfällen, die wir an der Schule hatten, ratlos dastanden, sind solche Sachen wichtig, wie zu sehen: Was war das für ein Mensch? Welche Interessen hatte er? Wie kann man die Hilflosigkeit der anderen Menschen auffangen? Wir haben zum Beispiel bei uns an der Schule – und das war auch ein Thema gewesen in dem Workshop - eine Klagemauer gebaut mit Natursteinen in einem Bereich, wo die Schüler tagtäglich vorbeikommen. Sie können dort Kerzen aufstellen. Es werden dort manchmal auch Zettel reingelegt mit Sorgen, mit persönlichen Sorgen auch. Und das war nicht nur in den Todesfällen so, wo das eine Hilfe war und wo wir uns alle gemeinsam versammelt hatten, sondern auch, wenn einer persönlich etwas hat, wenn einer persönlich betroffen ist, wenn einer persönlich Probleme hat. Das ist ein Ort, wo die Schüler einen Zugang dazu gefunden haben. […] Der Workshop ist nicht nur für meine Arbeit in der Schule und im Pastoralteam, wichtig. Diese Arbeit kann ich auch überall anwenden: zu Hause, in der Familie, in der Gemeinde.“

Der religionspädagogische Ertrag des Ökumenischen Religionslehrertags 2019 kann mit diesen Worten kaum besser beschrieben werden.

Die Kollekte aus dem gemeinsamen Gottesdienst der Kirchen ergab 207,22 Euro, die der kirchlichen Flüchtlingshilfe gespendet wurde.

(Text: Dr. Ekkehard Steinhäuser (PTI), Patricia Erben-Grütz (ESS) Foto: PEG)

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