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Dozent em. Franz Schneider von der Theologische Fakultät Erfurt kommentiert

Strich

Franz SchneiderDer vom Konzil erneuerte Gottesdienst ist inzwischen für die meisten katholischen Christen eine Selbstverständlichkeit geworden: alle, die unter 50 Jahre alt sind, kennen nur ihn und die über Fünfzigjährigen können sich nur dunkel an den davor liegenden erinnern, zumal dieser nicht darauf angelegt war, verstanden zu werden (Latein, „stille Messe“ ...)! Es ist ein Zeichen von Realitätsverlust, wenn behauptet wird, letzterer würde den Gegebenheiten einer säkularisierten Zeit besser entsprechen als die jetzige Form des Gottesdienstes. Außerdem ist der erneuerte Gottesdienst entsprechend Art. 21 an ursprünglicheren und wesentlicheren Formen orientiert als es die mittelalterliche und tridentinische Liturgie war. Diese war im Laufe der Jahrhunderte durch eine Menge zusätzlicher Riten angereichert und dadurch schwerer durchschaubar und vollziehbar geworden. Die Vereinfachung sollte damit zugleich der verstehbaren, vollen, tätigen und gemeinschaftlichen Teilnahme dienen - eine Forderung, die wie ein Refrain die ganze Liturgiekonstitution durchzieht. Erneuerung will also „Re-Form“ im Sinne von Art. 21 sein: Orientierung an wesentlichen und ursprünglichen Formen zum zeitgemäßen Vollzug. Um diesen Vollzug geht es dann auch in den Art. 26 - 29. Gottesdienst ist gemeinsames und dialogisches Geschehen: Nicht der Zelebrant feiert die Liturgie, sondern die ganze Gemeinde mit dem Zelebranten. „Gemeinsam“ bedeutet dabei nicht unisono, sondern dialogisch: Wenn eine Lektor/in eine Lesung verträgt, sind alle anderen Hörer (auch Priester, Bischof, Papst; an anderen Stellen sind diese Gebende.) Eine entsprechende Aufteilung der Dienste ist in einfachsten Gottesdienstgemeinden möglich, sonst entsteht neuer Klerikalismus. Alle in der Liturgie vorgesehenen Tätigkeiten, auch die Beteiligung am gemeinsamen Singen und Beten, sind „wahrhaft liturgischer Dienst“ (Art. 29) und führen, sinnvoll vollzogen, zu liturgischer Spiritualität. Das Gebet im Gottesdienst will wahrhaftes persönliches Beten sein - nicht ein Heruntersagen oder -lesen von Texten (und kann dann das individuelle Beten inspirieren.) Es ist eine bleibende Aufgabe, daran zu arbeiten (Art. 29), dass der Gottesdienst in bewusster und tätiger Teilnahme mit geistlichem Gewinn (Art. l 1) gefeiert wird.

Und wenn auch manche fälligen Entwicklungen der Erneuerung noch auf sich warten lassen, so gilt auch in der gegenwärtigen Situation: „Stillstand ist Rückschritt“ (wie die deutschen Bischöfe in einem Schreiben anlässlich des 40. Jahrestages der Liturgiekonstitution feststellen).

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