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Gemeindereferent Thomas Pogoda kommentiert

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Thomas Pogoda„Das Jahrhundert der Kirche“ mit diesen Worten kennzeichnete der französische Theologe Yves Congar die Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils und seiner Vorgeschichte. Zu dieser Einschätzung dürften ihn die vielen theologischen Bemühungen um die Frage nach der Kirche und dessen, was sie ausmacht, veranlasst haben. Gerade um die Jahrhundertwende nahmen diese zu und fanden im Konzil einen Höhepunkt. Die Menschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fanden sich in einer Welt wieder, die vieles an Gefügen früherer Zeiten, wie etwa den Monarchien, verloren hatte. Einer Welt, die schon damals immer säkularer wurde. Einer Welt, die durch zwei Weltkriege, durch Diktaturen in einen Kalten Krieg gegangen war. Einer Welt, die sich immer globaler darstellte. Das alles forderte auch die Christen heraus, ihren Platz in und mit dieser Welt neu zu verstehen.

Das Nachdenken über die Kirche führte in diesen Jahren zu einem neuen, einem erneuerten Blick auf die unterschiedlichen Metaphern, die die Schrift anbietet, etwa Kirche als Pflanzung, als Tempel, als Braut oder als Leib Christi. Diese Metaphern waren durch die Jahrhunderte ganz unterschiedlich stark betont worden und hatten dabei jeweils das Kirchenverständnis einer Zeit geprägt.  In der Kirchenkonstitution Lumen gentium griffen die in Rom versammelten Konzilsväter diese Metaphern auf. Ein Gedanke dürfte dabei die Erkenntnis gewesen sein, dass nur eine Vielfalt von Metaphern, in der Summe der jeweils eigenen Akzente, in der Lage ist, sich dem, was Kirche ist und ausmacht, auch nur ansatzweise zu nähern. Eine Betonung einzelner Bilder kann zu Einseitigkeiten führen. Zusammenfassend stellten die Väter die Worte Mysterium und Sakrament über ihren Text, die im griechischen Begriff für Sakrament, mysterion, ihre Verknüpfung finden.

Eine sakramentale Sicht, dass in der Kirche menschliches und göttliches Element zusammentreffen, ermöglicht, eine Kirche zu denken, die ganz menschliche Strukturen hat und sich dennoch ihres Ursprunges bewusst sein darf. Eine Kirche, die sich trotz, oder gerade wegen, ihrer Unzulänglichkeit und Schuld auf ihr Ziel ausrichten muss. Der Gedanke eines Sakramentes Kirche kann davor bewahren, sich als Kirche zu sehr zu entweltlichen, wie sich zu sehr zu verweltlichen. Und diese Sicht erinnert daran, dass Kirche immer Sakrament, Zeichen und Werkzeug für … ist. Sie ist kein Selbstzweck, sie ist „allumfassendes Heilssakrament“, sie ist für alle!

Die Kirche, die Gemeinschaft der Getauften, ist Zeichen und Werkzeug für die Welt und sie ist Zeichen und Werkzeug eines anderen. Ein früher Entwurf von Lumen gentium begann mit den Worten: Die Kirche ist das Licht der Völker. Karl Rahner, der in der Redaktionsgruppe mitarbeitete, strich Kirche durch, relativierte sie, setzte die Kirche in die richtige Beziehung, und schrieb ... Christus.* Christus ist das Licht der Völker.

 

* Diese Korrektur ist im Titelblock dieses Kalenderblattes abgebildet.

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