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Pater Athansius Polag OSB kommentiert

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P. Athanasius Polag OSBEs war ein besonderes Anliegen von Papst Johannes XXIII., zum Frieden zu kommen zwischen den Christen und dem Volk des Bundes Gottes mit Abraham und des Bundes am Sinai, üblicherweise als Juden bezeichnet. Bereits zu Beginn des Konzils beauftragte der Papst Kardinal Bea, den Entwurf einer entsprechenden Erklärung vorzulegen. Sie stieß auf erhebliche Schwierigkeiten und wurde mehrfach bearbeitet und ergänzt. Schließlich wurde auch die Beziehung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen behandelt. In dieser Form erhielt das Dokument in der letzten Sitzungsperiode 2221 Ja-Stimmen auf dem Hintergrund von 88 Nein-Stimmen.

Fragt man heute nach der Bedeutung dieser Erklärung des Konzils, wird man aus Gründen der Verständlichkeit den Text über das Verhältnis zu den Juden, Abschnitt Nummer 4, für sich betrachten, obgleich die anderen Abschnitte auch von großer Bedeutung sind.

Grundlegend ist die Anerkennung der Angewiesenheit der Kirche auf die bleibende Erinnerung an das Wirken Gottes in seinem Volk und durch sein Volk. Die Offenbarung Gottes in Jesus geschieht in Kontinuität zur Offenbarung in Israel. Daraus ist zu folgern, dass die Heilige Schrift Israels auch für die Christen Heilige Schrift ist; Christen und Juden haben ein gemeinsames geistliches Erbe. Das Konzil wünschte, dass dieses Gegenstand brüderlicher Gespräche und theologischer Forschung sei.

Das Konzil räumte endlich mit den Vorwürfen gegen die Juden auf. Unsinnige Vorurteile und ungerechtfertigte Anschuldigungen hatten in der Vergangenheit Pogrome begünstigt und den Antisemitismus gefördert. „Alle sollen Sorge tragen, dass niemand in der Katechese oder bei der Predigt des Gotteswortes etwas lehre, das mit der evangelischen Wahrheit und dem Geiste Christi nicht im Einklang steht.“ Die Päpste nach dem Konzil sind mehrfach über das „Beklagen“ der Hassausbrüche gegen die Juden hinausgegangen. Sie haben ihre Trauer darüber zum Ausdruck gebracht, dass nicht nur Christen im allgemeinen an der Verfolgung der Juden beteiligt waren, sondern dass auch diejenigen, die mit dem Dienst der Leitung in der Kirche beauftragt waren, schwere Schuld auf sich geladen hatten. Sie haben dafür die Barmherzigkeit Gottes angerufen und seine Vergebung erbeten.

Für die Zukunft darf dies nicht in Vergessenheit geraten. Die Anerkennung der Fehler und Sünden, die Christen oder Amtsträger der Kirche früherer Zeiten begangen haben, müssen uns Heutige veranlassen, eindeutig Stellung zu beziehen, wenn dazu ein Anlass gegeben ist. Zum Beispiel ist bei der Unterscheidung zwischen dem Staat Israel und dem Judentum als Religion auf Kenntnis und Ehrerbietung zu achten. Ein anderes Beispiel: Die allegorischen Figuren von Ecclesia und Synagoge an den Portalen der gotischen Kirchen sind ein traurig stimmendes Zeugnis des damals gestörten Verhältnisses. Diese Darstellung sollte bei Kirchenführungen nicht verharmlost, sondern durch einen Hinweis auf die Aussagen des Konzils korrigiert werden. In der Liturgie sind Formulierungen und Texte zu meiden, die früher, wenn auch missverstanden, Anlass zur Verachtung der Juden gegeben hatten. Der Einladung zu Gesprächen zwischen Juden und Christen sollte man offen begegnen und die Erhaltung der Spuren und Zeugnisse jüdischer Frömmigkeit in unserem Land unterstützen.

Als ein Bindeglied zwischen Kirche und Israel erweist sich bei sachkundiger Einführung der Christen das Buch der Psalmen, seit den ersten Tagen der Kirche im Gebrauch der Jünger, unterstützt durch das Vorbild Jesu. Bei der Verehrung der Mutter unseres Herrn begegnet in Betrachtungen zunehmend der Blick auf ihren jüdischen Lebenshorizont. Die Bezeichnung Mariens in der Zeit der frühen Kirche als „Tochter Zion“ wird wieder aufgegriffen. Dieses Herüberleuchten des Glaubens Israels in das Leben der Gemeinde ist ein schönes Zeichen der veränderten Atmosphäre.

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