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Bischof em. Leo Nowak kommentiert

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Bischof em. Leo NowakDie „Zeichen der Zeit“ sind ein Blickwechsel in der Kirche. Nicht mehr nur die Tradition und die Hl. Schrift sind die Quellen der Offenbarung Gottes, sondern besonders auch die „Zeichen der Zeit.“ In diesen Zeitzeichen begegnet uns in der Geschichte der wirkende Gottesgeist und konfrontiert uns mit dem, was Gott mit der Welt und den Menschen vorhat. Deshalb müssen wir diese Zeichen beachten und wahrnehmen, wenn die Kirche in der Welt von heute ankommen soll. Diese Zeichen aber sind keineswegs eindeutig. Das macht ihre Beurteilung nicht leicht. Es gibt Zeitzeichen, die unbedingt unterstützt und aufgegriffen werden müssen und andere, die abzulehnen sind, weil sie dem widersprechen, was Gott will. Die Kirche darf und kann nicht alles mitmachen und jedem modernen Trend folgen. Sie muss aber andererseits in und mit der Welt von Heute leben, wenn das Evangelium heute verkündigt werden soll. Da kommt es auf die Unterscheidung der Geister an. Dieser Aufgabe muss sich die ganze Kirche mit all ihren Gliedern stellen. Hier ist besonders die Mitwirkung der sogenannten Laienchristen gefragt, auf deren Kompetenz und Zuständigkeit das Konzil in diesem Zusammenhang besonders hingewiesen hat. Es geht um die Wahrnehmung der „Zeichen der Zeit“ in konkreten Verhältnissen und das Erkennen des Wirkens Gottes in der Welt von Heute. Immer wieder gilt es hinzuhören auf die Geschichten der Vergangenheit, wie sie in der Bibel und in der kirchlichen Tradition Gottes Handeln in der Geschichte zum Vorschein bringen. Bei den „Zeichen der Zeit“ aber geht es um das Hinhören auf die Menschen in der Gegenwart und auf ihre Geschichten, damit die ersteren Geschichten tatsächlich als für das je eigene Leben und die Geselldschaft relevant erfahren werden können.

In seiner Eröffnungsansprache zum II. Vatikanischen Konzil hat Papst Johannes XXIII. an diese „Zeichen der Zeit“ appelliert, wenn er sagte: „In der Ausübung unseres apostolischen Hirtenamtes geschieht es oft, dass zuweilen Stimmen solcher Personen unser Ohr betrüben, die zwar von religiösem Eifer brennen, aber nicht genügend Sinn für die Beurteilung der Dinge noch ein kluges Urteil walten lassen. […] Sie benehmen sich so, als hätten sie nichts aus der Geschichte gelernt, die eine Lehrmeisterin des Lebens ist […]. In der gegenwärtigen Entwicklung der menschlichen Ereignisse, durch welche die Menschheit in eine neue Ordnung einzutreten scheint, muss man viel eher einen verborgenen Plan der göttlichen Vorsehung anerkennen.“

In diesen Hinweisen auf die „Zeichen der Zeit“ zeigt sich eine völlig neue Sichtweise. Die Kirche wendet sich nach außen und fragt nach dem Wirken Gottes in der Geschichte. Gott ist nicht fern von uns. Er offenbart seine Heilsabsichten in den „Zeichen der Zeit“, im Bemühen um Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Was mit Jesus Christus begonnen hat, setzt sich fort in der Geschichte der Menschheit bis zur Vollendung.

Eine Glaubenserneuerung, zu der wir im „Jahr des Glaubens“ auf-gefordert sind, kann konkret werden, wenn wir die „Zeichen der Zeit“ wahrnehmen, diese deuten und befolgen. Hören wir deshalb auf die warnenden Worte des Evangeliums: „Das Aussehen der Erde und des Himmels könnt ihr deuten. Warum könnt ihr die Zeichen der Zeit nicht deuten? Warum findet ihr nicht von selbst das rechte Urteil?“ (Lk 12,56-57)

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