In dem Lied markieren die Songwriter im Blick auf Ihre Heimat manche Spannungen. Ausgehend von den „traurigen Bildern“ aus der Stadt Bautzen kommen Wut und Aushalten zur Sprache:
Ich kenn' dich, kenn' dich gut
Mein Osten, mein Osten
Versteh zum Teil auch deine Wut
Mein Osten, mein Osten
Aufgeben, nicht deine Art
Und nicht komplett im Arsch
Mein Osten.
Hier ist die Rede von „Rissen die durch die Familien“ und „durch die Menschen selbst gehen“. Der Song spricht von Problemen, die nicht mit dem „Mittelfinger“ und den „Ideen von 1933“ zu lösen sind. Zugleich:
Werden reden müssen, streiten
Um Kompromisse ringen müssen und so weiter.
Immer wieder steht eine Würdigung an die Menschen, die Gegenden, die Orte, aus denen die Songwriter stammen.
Ich kenn' dich, kenn' dich gut
Mein Osten, mein Osten
An deiner Schönheit kratzt die Wut
Mein Osten, mein Osten
Meine Wurzeln, mein Revier
Mein Osten, mein Osten
Hab' Bescheidenheit von dir
Mein Osten, ich steh' zu dir
Ich vergess' nicht, wo ich herkomm'
Vergess' nicht, wo ich herkomm'
Ich vergess' nicht, wo ich herkomm'
Vergess' nicht
Ich kenn' doch dein' freundlichen Blick
Mein Osten, mein Osten
Ruppig, herzlich, wie du bist
Mein Osten, mein Osten.
Am Ende dann – und so empfinden es vermutlich die Musiker aus Bautzen – findet sich ein Wort der Hoffnung. Es geht weiter:
Wir kriegen irgendwas hin
Dass deine Ängste nicht gewinnen
Mein Osten.
Wenn wir nun nach einer Sendung fragen, die einer Kirche von Magdeburg ihren Sinn verleiht: Sie liegt auch darin, einer Gesellschaft – die gespalten ist – mit kleinen, wohl oft machtlosen Schritten zu helfen, ihren Zusammenhang wiederzufinden und zu bewahren. Spricht doch der Anfang des Konzilstextes über die Kirche „Lumen gentium“ recht schlicht und klar, dass die Kirche „in Christus gleichsam das Sakrament bzw. Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott und für die Einheit des ganzen Menschengeschlechts“ sei (LG 1). Damit legt sich eine Richtung für die Sendung einer Kirche hier im Mitteldeutschland dieser Tage offen. Es scheint darum zu gehen, Menschen zu helfen, jene „Risse“ zu überwinden, von denen das Lied sprach, zu ermöglichen, „Wut“ aussprechen, um sie dann ablegen zu können. Manchmal wird es nötig sein, Einzelnen Mut und Wertschätzung zuzusprechen. Und dann der Blick, dass es weiter geht … damit Menschen hier gut miteinander leben können: Ein Einheitsdienst, der die Alten wie die Neuen zu verbinden weiß.
Und dieser Dienst kann gut gelingen, wenn eine Kirche – deren großer Vorzug ihre Katholizität ist – zur konkreten, ortsgebundenen Kirche, zur Ortskirche wird. Das Allgemeine darf und muss konkret werden. Eine Gemeinschaft von Christen darf nicht der Versuchung erliegen, sich im Allgemeinen zu verlieren. Die Fragen und die Themen liegen buchstäblich vor uns auf der Straße. Sie wollen mit Gottes Hilfe und Auftrag entgegengenommen werden. Solche Konkretisierungen aber müssen wir vermutlich allzu oft erst einüben.
Dieser Bezug einer Kirche auf das Konkrete in einer Region, an einem Ort, in einer Gemeinschaft ist ein guter Grund. Darum ist es heute genauso richtig wie vor 25 Jahren, dass es die konkreten Ortskirchen hier in Mitteldeutschland gibt. Ortskirchen, die kundig sind und ehrlich sagen können:
Ich kenn' dich, kenn' dich gut, mein Osten, mein Osten.
Thomas Pogoda
Fachakademiedirektor
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