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Synodaler Weg – wohin geht die Reise?

Am 1. Adventswochenende 2019 hat der Synodale Weg der deutschen katholischen Kirche begonnen. Kirchlich (noch) aktive Menschen landauf wie landab diskutieren, ob und was der Weg bringen wird. Die Tagesschau berichtet von entzündeten Kerzen, Hoffnungen und offenen Fragen.
Was steckt dahinter?

Der Ausgangspunkt für den Synodalen Weg war ein Bericht zum sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche. 2018 veröffentlicht schlug die von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Auftrag gegebene MHG-Studie ein wie eine Bombe. Ausmaß und Ursachen von sexualisierter Gewalt durch Kleriker wurden klar benannt.

Es gibt systemimmanente Faktoren, die Gewalt und Vertuschung bedingen: die zu geringe Beteiligung von Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche; der Selbstschutzwillen einer als heilig verstandenen Institution; ein zunehmend unklares Rollenbild der Priester, das Überforderung mit sich bringt; männerbündisches Verhalten und unter allem liegend eine als lebensfeindlich empfundene Sexualmoral – unmissverständlich auf den Punkt gebracht von der Dogmatikerin Prof. Dr. Julia Knop bei der
Frühjahrsvollversammlung der DBK 2019.

Leid, das sich nicht mehr klein halten lässt. Dass sich laut und wütend Raum einfordert. Manche Gläubige können es nicht länger mit ihrem Gewissen vereinbaren und treten aus der Kirche aus. Viele Gläubige äußern Wut, Unverständnis und Angst und fordern deutliche Veränderungen.

So hat die deutsche Bischofskonferenz im Frühjahr 2018 beschlossen, sich den Themen zu stellen. Sie hat sich zu einem Gesprächsprozess, dem Synodalen Weg bekannt. Doch was bedeutet das genau?

Was ist der Synodale Weg?

Das Recht der Kirche kennt verschiedene Versammlungsarten mit unterschiedlicher
Verbindlichkeit. Auf der Ebene der Bischofskonferenz eines Landes gibt es die Möglichkeit, ein Plenarkonzil, umgangssprachlich Synode einzuberufen (so etwa die Würzburger Synode 1971-75). Voraussetzung dafür ist ein Antrag in Rom, das die Synode genehmigen muss. Ein Plenarkonzil ist eine Bischofsversammlung, auf der nur die Bischöfe Stimmrecht haben. Hinzugezogene Expertinnen und Beobachter haben lediglich beratendes Recht. Die Themenwahl ist eingeschränkt, da z.B. die Frage der Weiheämter für Frauen auf weltkirchlicher Ebene geklärt werden müsse, so Rom.

2019 wollen sich Katholikinnen und Katholiken sowie eine immer größer werdende Zahl von Bischöfen nicht mehr auf Gesprächsprozesse einlassen, in denen wichtige Themen von vorneherein ausgeklammert werden. Es ist systemkritisch auch zu fragen, woher auf weltkirchlicher Ebene Veränderungen kommen sollen, wenn nicht von der Basis verschiedener Ortskirchen.

Somit geht die DBK und das Zentralkomitee der deutscher Katholiken (ZdK) mit dem Synodalen Weg buchstäblich neue Pfade. Der Synodale Weg ist ein gemeinsamer Weg der DBK und des Zdk, dem höchsten Gremium der deutschen Laienkatholiken.

Was sind die Ziele des Synodalen Wegs?

Ziel 1 ist laut
Satzung die „Suche nach Schritten zur Stärkung des christlichen Zeugnisses“. Diese sind festgemacht an der Klärung der vier zentralen Themenfelder Macht- und Gewaltenteilung, Priesterliche Existenz heute, Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche, Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft.

Ziel 2 ist die Selbstverpflichtung der DBK, regelmäßig über Maßnahmen der Aufarbeitung und Prävention des sexuellen Missbrauchs zu berichten sowie die Einführung einer „zeitgemäßen Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bereich der DBK“.
Wer ist am Synodalen Weg beteiligt?

Es gibt vier Organe: Synodalversammlung, Synodalpräsidum, erweitertes Synodalpräsidium, Synodalforen.

Das Synodalpräsidium ist paritätisch von der DBK und dem ZdK besetzt. Es bereitet die Synodalversammlungen vor und nach.

Das erweiterte Synodalpräsidium hat die thematische Arbeit im Blick.

Die Synodalversammlung ist das oberste Organ des synodalen Wegs und fasst Beschlüsse. Sie besteht aus den 69 Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz, 69 delegierten Mitgliedern des Zdks, 10 VertreterInnen der Orden, 27 Priestern, 4 Ständigen Diakonen, 4 PastoralreferentInnen, 4 GemeindereferentInnen, 3 wissenschaftlichen TheologInnen, 3 Vertretern der Neuen Geistlichen Gemeinschaften, 2 Generalvikaren, bis zu 20 Personen aus weitere Berufsgruppen sowie 15 jungen Menschen unter 30 Jahren, davon 10 weiblich.
Alle Mitglieder haben gleiches Stimmrecht.

Die Synodalforen erarbeiten zu den vier Themenbereichen die Vorlagen für die Synodalversammlung. Die Foren sollen jeweils eine Größe von 30 Mitgliedern haben und werden geleitet von je einem Mitglied der DBK und des ZDks. Alle Mitglieder haben innerhalb der Foren gleiches Stimmrecht.

Wie wird gearbeitet?

Mit dem Startpunkt 1. Advent 2019 soll für eine Dauer von zwei Jahren gearbeitet werden. Die erste Versammlung aller Beteiligten ist für Ende Januar 2020 geplant. Über die einzelnen Etappen ist noch nicht viel bekannt, da sie sich aus dem Gesprächsprozess organisch ergeben sollen.
 
Was ist kritisch zu betrachten?

Von verschiedenen Seiten wurde die Tatsache bemängelt, dass Opfer von sexualisierter Gewalt in der Kirche nicht strukturell Teil der Synodalversammlung sind. Nun bleibt zu hoffen, dass sie mittels der Berufungsmöglichkeit der 20 weiteren Personen beteiligt werden.

Wie verbindlich die Entscheidungen des Synodalen Wegs sein werden und können, ist offen. „Beschlüsse der Synodalversammlung entfalten von sich aus keine Rechtswirkung.“ (Satzung des Synodalen Wegs) Jeder Bischof kann sie ihm Rahmen seiner Vollmacht jedoch für sein Bistum umsetzen. Dies würde allerdings ein Umdenken erfordern, weg von einem bischöflichen Denken des „Es geht nur, wenn alle mitmachen“ hin zu „Ich suche kleinere Koalitionen“ und einem „Ich nehme das Votum und meine Gestaltungsmacht ernst“.

Die Voten der Versammlung, die einer gesamtkirchlichen Entscheidung bedürfen, werden nach Rom geschickt. Als Ergebnis einer neuen Form des partizipativen Miteinanders sollten sie dort aufmerksam gelesen werden.
 
Was macht Mut?

Die Vorarbeitsgruppen der vier Foren haben bereits eine ehrliche Auseinandersetzung gezeigt. Die Kommunikation mit der interessierten Öffentlichkeit ist sehr gut, alle bisherigen Ergebnisse der Vor-Foren sind
veröffentlicht. Neu ist, dass sich in den Arbeitspapieren zeigt, dass es innerhalb der Gruppen unterschiedliche Positionen gibt. Sie dürfen sein und werden nicht zugunsten eines unbefriedigenden Kompromisses harmonisiert. Das ist auf Seiten der DBK ungewöhnlich, aber in der Linie der letzten Jahre, in der sich auch nach außen mehr und mehr zeigt, dass das Bischofskollegium keineswegs so homogen denkt, wie es lange Zeit in der Öffentlichkeit dargestellt wurde. Diese Entwicklung ist aus konfliktsoziologischer Sicht (Konflikte als Triebkraft des sozialen Wandels) nur zu begrüßen.

Eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe zwischen Klerikern und Laien ist ein Novum innerhalb der katholischen Kirche. Dies wird mit Sicherheit auch als Zumutung erfahren werden – auf beiden Seiten. Selbstbewusste ChristInnen und hörende Kleriker. Verwundete ChristInnen und kirchliche Entscheider als (Mit-)Täter. Hörende ChristInnen und von der Not einsamer Entscheidungen erzählende Bischöfe.

Wenn es das Ziel des Synodalen Wegs ist, das christliche Zeugnis zu stärken, dann wird sich die Zeugenschaft hier exemplarisch erst einmal untereinander zeigen müssen. Eigene, mitunter schmerzhafte Erfahrungen zeigen und bezeugen, das gilt es zu tun zwischen den Christinnen und Christen, geweiht oder nicht. Erst danach wird es ein glaubwürdiges Zeugnis geben können auch für Menschen außerhalb der Kirche.

Wenn dies nicht gelingt, dann wird Kirche als Institution weiter marginalisiert werden. Manche Christin und mancher Christ wird dann gerade in der Abkehr von der Institution eine authentische, evangeliumsgemäße Antwort geben.

Wer ist aus dem Bistum Magdeburg beteiligt?
(ergänzt am 20.12.19)

Einer der 69 Mitglieder der DBK:
Bischof Gerhard Feige, bischof@bistum-magdeburg.de

Eine der 69 Delegierten des ZdK in der Synodalversammlung:

Regina Masur, regina.masur@bistum-magdeburg.de

Vertreter des diözesanen Priesterrats in der Synodalversammlung:
Christian Kobert, 0391 5961 328, kobert@kathedralpfarrei-sebastian.de

Vertreterin des Unitas-Verbands und Gemeindearbeit in der Synodalversammlung:
Franziska Kleiner, franziska.kleiner@icloud.com

Vertreterin der Katholischen Studentengemeinden und des Cusanus-Werks in der Synodalversammlung:
Mara Klein

Franziska Kleiner und Mara Klein sind zwei Personen aus der Gruppe der 15 jungen Menschen unter 30.


Diözesane Ansprechpartnerin des Synodalen Weges:
Dr. Annette Schleinzer, 0391 5961 196, annette.schleinzer@bistum-magdeburg.de.

 
Was kann jede Einzelne und jeder Einzelne tun?
  • Sich informieren und sich austauschen in den Gemeinden.
  • Für den Synodalen Weg beten.
  • Sich bei den Vertretern des Bistums Magdeburg erkundigen und ihnen Ihre Anliegen sagen.
  • Sich an den vier Foren mit eigenen Erfahrungen und Wahrnehmungen beteiligen.
Miriam Wehle
Fachbereich Pastoral in Kirche und Gesellschaft
Miriam Wehle
ist 1982 in Nagold (Baden-Württemberg) geboren. Nach dem Studium der katholischen Theologie in Erfurt und Wien arbeitet sie seit 2012 im Fachbereich Pastoral des Bistums Magdeburg. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im Bereich Ehe- und Beziehungspastoral sowie missionarische Pastoral.
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MOMENT. Pastoral-Magazin aus dem Bistum Magdeburg.

Herausgeber: Fachbereich Pastoral in Kirche und Gesellschaft
im Bischöflichen Ordinariat Magdeburg
(Ausgabe Dezember 2019)

Bildnachweise:
Titelbild "Synodaler Weg": © synodalerweg.de;
Bild "Weg": © CC0 Pexels
via pixabay;
Portrait: © Christoph Wehle