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Religionsunterricht an der kommunalen Schule - Lust oder Last?

Als zu meiner Schulzeit im Gymnasium (endlich) Religionsunterricht angeboten wurde, war das noch ein fast ausschließlicher Katholikenkurs. Eine einzige weitere Schülerin wählte aus Interesse Religion, da sie sich immer wieder gefragt hatte, ob es nicht mehr gibt als das Diesseits und die Welt, so wie wir sie erleben. Ich lud sie damals auch zu unseren Gottesdiensten und anderen kirchlichen Veranstaltungen ein, was sie sehr gern wahrnahm. Sie ließ sich taufen und ich durfte Patin sein. Später ließen sich auch ihre Mutter und ihre Schwestern taufen. Ob es ohne diesen Erstkontakt über den schulischen Religionsunterricht überhaupt dazu gekommen wäre?

Bei allen Schwierigkeiten oder Hürden, die ich als Religionslehrerin im System Schule so zu meistern hatte und habe, war wohl diese eigene Erfahrung des Mehrwerts von schulischem Religionsunterricht meine stärkste Motivation.

Als ich 2008 in den Gemeindeverbund Mansfelder Land kam, sollte ich versuchen, den schulischen Religionsunterricht, der seit längerem nicht mehr stattfand, wieder aufzubauen. Was sich allerdings als sehr schwierig erwies, da ich nur mit großer Mühe in einer Schule eine Lerngruppe der 1. und 2. Klasse mit 6 SchülerInnen zusammen bekam. Außerdem hatte ich gerade in den ersten Jahren des Öfteren das Gefühl, dass ich mich den Schulen gegenüber entschuldigen muss, dass ich Religionsunterricht geben möchte. Trotzdem gelang es, in noch weiteren Orten Lerngruppen zu bilden. Und inzwischen gibt es eine stetig steigende Nachfrage: Mein Mann und ich unterrichten zur Zeit 110 Schüler und Schülerinnen an vier Schulen von der 1. bis 10. Klasse, mitunter in Kursen, in denen niemand getauft ist.

In den vergangenen Jahren gingen viele Projekte für die jeweiligen Schulen explizit vom Religionsunterricht aus - vor allem die Feste St. Martin,
Hl. Elisabeth, Nikolaus, Weihnachten, Ostern und Pfingsten interessieren die SchülerInnen und LehrerInnen gleichermaßen. Auch eine Spendensammlung für den Diakonieladen in Hettstedt in einer der Grundschulen hat nun schon mehrmals stattgefunden.

Diese Arbeit macht uns nicht nur Freude, sie hat auch Effekte, die wir erst im Tun erfuhren und inzwischen dankbar nutzen: Die Arbeit an den Schulen hier im Mansfelder Land, wo 64% aller jungen Menschen wegziehen und es auch nur noch gut 100 katholische Kinder und Jugendliche gibt, bereichert das Pfarreileben sehr. In den letzten Jahren hatten wir dank der Unterstützung der nichtgetauften ReligionsschülerInnen gut 50 Krippenspielkinder für die beiden Krippenspiele in der Pfarrei. Und beim Sternsingen waren gerade diese die ausdauerndsten und eifrigsten Sternsinger. Auch bei den Musicals für unsere RKW-Wochen war die Hälfte der Mitwirkenden nicht aus der Pfarrei, sondern aus den schulischen Religionsklassen.

Mindestens vier Taufen von Kindern, die durch den schulischen Religionsunterricht in Kontakt mit Glaube und Kirche gekommen sind, gab es in den letzten Jahren.
All das drängt mich zu der Behauptung, dass ohne den schulischen Religionsunterricht kirchliche Kinder- und Jugendarbeit kaum noch möglich wäre.
 
Und es hat sich zudem herumgesprochen, dass man als Religionslehrerin auch in schwierigen Situationen, wie beispielsweise einem Trauerfall eine gute Ansprechperson sein kann.

Mit all diesen Erfahrungen in der Schule betrachte ich den schulischen Religionsunterricht so als einen Glücksfall meiner pastoralen Arbeit. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass bei aller Wissensvermittlung, die im Vordergrund steht in der Schule, auch der schulische Religionsunterricht die Sehnsucht nach Gott wecken bzw. zumindest die Ahnung vermitteln kann, dass es mehr gibt, als das Diesseits und dass gelebter Glaube das eigene Leben sehr bereichern kann.
 
Teresa Hofmann
Teresa Hofmann

ist 1982 in Sangerhausen geboren. Nach dem Studium der kath. Theologie in Erfurt und Innsbruck arbeitet sie seit 2008 als Gemeindereferentin und Religionslehrerin in der Pfarrei St. Georg Hettstedt. Sie ist verheiratet mit Michael Hofmann, gemeinsam haben sie drei Kinder: Miriam (*2013), Jonathan (*2015) und Ruth (*2017).
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Newsletter des Fachbereichs Pastoral in Kirche und Gesellschaft

im Bischöflichen Ordinariat Magdeburg

(Ausgabe März 2017)
Schulgebäude: CC BY-SA 3.0 BrThomas via Wikimedia Commons

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