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Winfried Schubert (UAK), Bischof Gerhard Feige, Cathrin Kubat (UAK), Michael Giesa (UAK) v.l.
Bildrechte / Quelle: Bistum Magdeburg

Sexueller Missbrauch„Aufarbeitung hilft“

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums Magdeburg hat den Jahresbericht 2023 an Bischof Dr. Gerhard Feige übergeben. Es geht um Fälle von Vertuschung - und um Hoffnung.

Erscheinungsdatum: 10. Mai 2024

Die Unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums Magdeburg (UAK) hat am Freitag, dem 10. Mai 2024, den Jahresbericht 2023 an Bischof Dr. Gerhard Feige in Magdeburg übergeben. Darin stellt die UAK für das Bistum Magdeburg, das bis 1973 noch formal der Jurisdiktion und Verwaltung des Bistums Paderborn unterstand, bis 2010 einige Vertuschungen von Missbrauchsfällen fest. 

Konkret benennt der Bericht Beispiele von Tätern, die trotz Kenntnis einer Verurteilung eingestellt und später immer wieder versetzt worden seien – teilweise zurück nach Westdeutschland. Alle drei im Bericht genannten Täter sind mittlerweile verstorben.

Dennoch gibt die Arbeit der Kommission auch Hoffnung, sagte Michael Giesa, der als Betroffener in der Kommission mitarbeitet: „Die Mitgliedschaft in der Kommission zeigt mir die Aktivitäten in einem großen Bereich unserer Kirche und gibt mir ein wenig Hoffnung, dass neues Unrecht früher erkannt und verhindert wird.“

Aufarbeitung hilft allen 

Der emeritierte Richter und Vorsitzende der Kommission, Winfried Schubert, betonte: „Die Aufarbeitung hilft den Betroffenen, weil ihnen ein Ort zur Verfügung gestellt wird, der für Gerechtigkeit sorgt. Sie hilft, weiteres Leid von Betroffenen zu verhindern und Klarheit zu schaffen über das Ausmaß des vorgekommenen sexuellen Missbrauchs in der Kirche.“ 

Die Aufarbeitung helfe aber auch den Tätern, die sich dem nüchternen, unabhängigen Blick der Aufarbeitung stellen könnten. Sie helfe zudem der demokratischen Gesellschaft, das Vertrauen in Gerechtigkeit bestätigt zu sehen. „Und die Aufarbeitung hilft auch der Kirche und ihren Institutionen“, so Schubert. Die Kirche könne sich nach einer gelungenen Aufarbeitung glaubwürdig zu ihrer Verantwortung bekennen und damit deutlich machen, dass die „Betroffenheit“ und die „Bestürzung“ nicht nur auf dem Papier ständen. 

Heute keine Vertuschung mehr

Der Kommissionsvorsitzende geht davon aus, dass derartige Vertuschungen heute so nicht mehr stattfinden. „Es wäre nicht nur moralisch verwerflich, sondern geradezu töricht. Angesichts der Sensibilisierung der Bevölkerung müsste mit Offenlegung und weiteren zu Kirchenaustritten führenden Enttäuschungen zu rechnen sein“, sagte Schubert.

Bischof Dr. Gerhard Feige dankte der UAK für ihre wichtige Arbeit und nahm den Jahresbericht entgegen. „Es ist erschütternd, was sich in unseren eigenen Reihen abgespielt hat. Jeder einzelne Missbrauch sexualisierter Gewalt ist ein abscheuliches Verbrechen“, sagte er. „Dem müssen wir uns – was in unserem Bistum bereits seit Jahren geschieht – verantwortungsbewusst stellen. Das heißt, auch die Rahmenbedingungen mit in den Blick zu nehmen, die solches Unheil ermöglicht bzw. begünstigt haben.“ Dazu leiste die Unabhängige Aufarbeitungskommission mit ihrem kritischen Blick von außen einen wichtigen Dienst, so Feige. „Wir können zwar nicht das Geschehene rückgängig machen und das Leid der Betroffenen aufheben, mühen uns aber schon seit längerem, das Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen, durch gezielte Präventionsmaßnahmen so etwas möglichst zu verhindern und mit neuen Verdachtsfällen konsequent umzugehen.“

Kommission arbeitet seit 2021

Die „Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Magdeburg“ wurde am 05.10.2021 gegründet. Sie besteht aus sieben Mitgliedern. Drei Mitglieder wurden auf Vorschlag der Landesregierung Sachsen-Anhalt benannt, ein Mitglied auf Vorschlag des Katholikenrats und ein weiteres Mitglied vom Bistum Magdeburg. Zwei Kommissionsmitglieder sind Betroffene. 

Gemeinsam mit dem Bistum Erfurt plant die UAK Magdeburg eine eigene Studie zum Umgang mit sexuell übergriffigen Priestern zu DDR-Zeiten, heißt es in dem Bericht. „Wurden sie zum Beispiel als Informelle Mitarbeiter gegenüber den Bistümern genutzt? Oder wurden sie möglichst „in den Westen“ abgeschoben?“, konkretisiert Winfried Schubert.

Gemeinsame Erklärung der Bistümer

Das Bistum Magdeburg hatte zusammen mit den anderen 26 deutschen katholischen Bistümern 2020 in einer „Gemeinsamen Erklärung über verbindliche Strategien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs und der Deutschen Bischofskonferenz vom 28.04.2020“ eine flächendeckende Aufarbeitung des Missbrauchs innerhalb der katholischen Kirche vereinbart. Bischof Gerhard erteilte infolgedessen 2022 und 2023 den Kommissionsmitgliedern ein Einsichts- und Auskunftsrecht in Personal- und Sachakten des Bistums.

Aufgabe der UAK ist eine quantitative Erhebung des sexuellen Missbrauchs im Bistum, die Untersuchung des administrativen Umgangs mit Täterinnen, Tätern und Betroffenen und die Identifikation von Strukturen, die sexuellen Missbrauch ermöglicht, erleichtert oder dessen Aufdeckung erschwert haben. 

Dem Bistum Magdeburg sind für den Zeitraum von 1947 bis 2023  34 Opfer und 23 Täter bekannt. 380.000 Euro wurden bis 2023 vom Bistum Magdeburg in Kooperation mit der Bonner Kommission zur Anerkennung des Leids an Opfer ausgezahlt.

Document

https://www.aufarbeitung-im-bistum-magdeburg.de/

Quelle: Unabhängige Aufarbeitungskommission, 0391-99047045, info@aufarbeitung-im-bistum-magdeburg.de; Bistum Magdeburg, Pressestelle, presse@bistum-magdeburg.de, 0391-5961134


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