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Vortragsreihe „Frau.Freiheit.FairÄnderung.“

Die Revolution im Iran hat ein weibliches Gesicht! Unsere Solidarität ist die Hoffnung auf gerechte Veränderungen.

Der Saal der Kathedralpfarrei St. Sebastian in Magdeburg füllte sich – interessierte Menschen, deutsch- und persischsprachige Personen nahmen Platz im Veranstaltungsraum und waren auf den Vortrag der in der Presse angekündigten iranischen Referentin gespannt.

Pünktlich um 19 Uhr begann die Veranstaltung mit der Begrüßung der Gäste und Teilnehmenden seitens der Organisatorin, missio-Referentin im Bistum Magdeburg, Frau Rasa Hinz. „Heute Abend werden wir den zweiten Vortrag in der Vortragsreihe „Frau.Freiheit.FairÄnderung.“ hören, in dem über die aktuelle Lage im Iran und über die Situation der Frauen im Iran gesprochen wird.“, fuhr Hinz fort.

Die Mitorganisatorin der Veranstaltung, Frau Christine Böckmann, die Geschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung, stellte den Zuhörenden den Ablauf des Abends vor und kündigte eine musikalische Untermalung zum Einstieg an. „Wir bitten Herrn Ali Yazdani auf die Bühne! Herr Yazdani kommt aus dem Iran. Er ist Musiker, Sänger, Songwriter und Musiklehrer. Seit 6 Monaten ist er als Geflüchteter in Deutschland, in Magdeburg. Er, als Kulturschaffender, musste aufgrund des politischen und sozialen Druckes seine Heimat verlassen. Herr Yazdani wird ein Lied in persischer Sprache singen. Gutes Gelingen!“ – so stellte Böckmann den Musiker Ali Yazdani vor.

Mit den ersten Klängen der Gitarre und mit den ersten Gesangseinlagen konnten die Zuschauenden sofort die Professionalität des Musikers und die Tiefsinnigkeit des Liedes „Soltane Ghalbha“ (auf Deutsch „Herzkönigin“) von Aref Arefkia erfassen. Ein Liebeslied!

Nach dem vorgetragenen Lied stellte Hinz die Referentin der Veranstaltung vor: „Ich freue mich sehr, dass Sie, Frau Mehrnoush Ahmadi, als Referentin heute Abend den Vortrag „Die Revolution im Iran hat ein weibliches Gesicht“ halten werden. Sie sind gebürtige Iranerin. Nach der Schulausbildung haben Sie studiert und vor kurzem einen Masterabschluss an der Yourkville University Canada erworben. Seit einem Jahr leben und arbeiten Sie in Berlin. Sie sind Psychotherapeutin, Pädagogin, Aktivistin im LGBTQI+-Bereich und Verfasserin von unzähligen Artikeln und Beiträgen auf verschiedenen Webseiten und in den sozialen Medien. Sie machen dabei insbesondere Themen, wie die strukturelle Diskriminierung, in der Gesellschaft sichtbarer. Wir sind auf Ihren Vortrag gespannt. Die Bühne gehört Ihnen.“

Ahmadi berichtete in ihrem Vortrag ausführlich über die gesellschaftliche Entwicklung und die Frauenbewegungen im Iran in verschiedenen Zeitabschnitten des 20. und des 21. Jahrhunderts – während der Herrschaft der Qadscharen-Dynastie, zur Herrschaftszeit des Reza Schahs Pahlavi, nach der Islamischen Revolution (ab 1979) und in der heutigen Zeit.

Sie zeigte, dass Frauen beim Kampf für die Freiheit und für ihre Rechte eine wichtige gesellschaftliche Rolle spielten und bis heute noch spielen. Dieser Kampf für Frauenrechte im Iran ist eng mit dem Kampf für die Bürgerrechte, Minderheitenrechte und soziale Gerechtigkeit verbunden. Die Frauenbewegung bildet das Herz der Zivilgesellschaft.

Ahmadi porträtierte starke Frauen und ihre Errungenschaften, an Beispielen berühmter Frauen im Iran verdeutlichte sie ihren Willen nach Bildung, ihr Bestreben nach Freiheit und Selbstbestimmung und ihren Wunsch nach einer friedlichen und gerechten Gesellschaft.

Bei den aktuellen Ereignissen im Iran angelangt, erzählte Ahmadi über den Ausbruch der landesweiten Proteste im Herbst 2022. Sie richten sich gegen die autoritäre Regierung des Staates. Auslöser war der durch Polizeigewalt herbeigeführte Tod von Jina Mahsa Amini in Teheran am 16. September 2022. Sie war von der islamischen Sittenpolizei festgenommen und misshandelt worden, weil angeblich ihr Kopftuch nicht richtig saß.

Jina Mahsa Amini war eine Frau und Vertreterin einer Minderheit – sie war Kurdin! Was mit einem Kopftuch begann, wurde zur größten feministischen Revolution im Iran. Sie ist noch nicht vorbei...

„Es ginge dabei nicht nur um das Kopftuch“, - erklärte Frau Ahmadi weiter. Es sei lediglich ein Symbol für Ungerechtigkeit und Unfreiheit. Das politische System des Irans sei auf der Unterdrückung der Frauen, auf Einschüchterung und Repressalien gegen ganze Familien, auf Folterung und Ermordung der Andersdenkenden aufgebaut.

Nach der Aussage der Referentin ist es schwierig, die Situation im Iran einzuschätzen und eine Prognose zum erfolgreichen Ausgang abzugeben. Aber es gibt keinen Weg zurück!

Die jüngsten Proteste sind von verschiedenen Schichten der Gesellschaft und ethnischen sowie religiösen Minderheiten getragen. Dies hat tiefe Spuren hinterlassen und die Gesellschaft verändert. Der Mut zum Widerstand und die Solidarität unter den Unterdrückten quer durch alle Generationen sind gewachsen.

Der Vortrag wurde in Englisch abgehalten. Beim Dolmetschen hat Frau Maike Draijer, Studentin an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Studiengang Medienbildung, unterstützt. Ihre einfühlsame und kompakte sprachliche Übersetzung hat die Teilnehmenden der Veranstaltung beeindruckt und überzeugt.

Nach dem intensiven Zuhören freuten sich die Gäste über eine musikalische Pause. Musiker Ali Yazdani saß am Klavier und hat das Lied „Neghab“ (auf Deutsch „Maske“) vorgetragen.

Anschließend gab es eine Frage-Antwort-Runde, die Böckmann führte. Viele Gäste haben davon Gebrauch gemacht. Es entstand ein reger Austausch. Ein Teilnehmer der Veranstaltung, selbst ein Geflüchteter aus dem Iran, merkte an, dass die Brutalität des Regimes nicht genug verdeutlicht worden sei. Eine weitere Teilnehmerin berichtete, dass sie über die archaische Brutalität des autoritären Regimes im Iran sehr erschrocken sei. Aus dem Publikum kam zudem eine Bemerkung zu Protestierenden im Iran. Auf den Straßen seien nicht nur Frauen, sondern breitere Schichten der Gesellschaft vertreten, weil die Gewaltmechanismen des Regimes alle Menschen im Iran betreffen würden. Eine andere Teilnehmerin berichtete, dass bei den zivilgesellschaftlichen Protesten der Musik eine wichtige Rolle zugeschrieben würde. Dies bestätigte Musiker Yazdani. Die Musik und Kunst bei den Protesten spielen eine wichtige Rolle. Die beiden Formen entfalteten eine große Kraft gegen brutale Gewalt und für gegenseitige Solidarität.

Bei der abschließenden Frage, was die Referentin Ahmadi den Menschen in Deutschland und in Europa mitgeben würde, antwortete sie: „Solche Veranstaltungen wie heute sind sehr wichtig für die Menschen im Iran. Bitte sprechen Sie über die Lage im Iran. Bitte verfolgen Sie die Nachrichten aus dem Iran. Bitte leiten Sie Ihre Informationen über die Situation der Frauen und Männer im Iran weiter. Bitte sprechen Sie mit politischen Verantwortlichen in Ihren Ländern über die mögliche Unterstützung der Menschen im Iran. Ihre Solidarität ist wichtig für uns! Nur gemeinsam können wir gerechte Veränderungen in unserer Welt erreichen!“

Nach diesem positiven Apell dankte Hinz der Referentin für ihren Vortrag und den Gästen für ihre rege Beteiligung an der Frage-Antwort-Runde und bat den Musiker Yazdani auf die Bühne für das letzte Lied.

Sitzend am Klavier sang Yazdani das Lied „Baraye“ (auf Deutsch „Für“) von Shervin Hajipoor, das Lied der aktuellen Revolution im Iran. Im Lied geht es um Wünsche und tägliche Herausforderungen von Menschen im Iran. Das Lied hat den Music Grammy Award 2023 im Bereich „Soziale Veränderung“ gewonnen.

Die Veranstaltung endete mit Dankesworten an alle Gäste und alle diejenigen, die an der Vorbereitung und Durchführung des Abends mitgewirkt hatten. „Mein großes Dankeschön geht an Frau Basiri, Leiterin der deutsch-iranischen Gesellschaft in Magdeburg in Entstehung, und das Team des Offenen Kanals Magdeburg“, so Hinz.

Ein reichlich gedeckter Tisch, wie man es sich aus den Tausendundeine-Nacht-Märchen vorstellt, lud die Teilnehmenden der Veranstaltung zur Verkostung der persischen Köstlichkeiten ein. Diese hatte das junge afghanische Ehepaar Sakina und Sayed Morteza Hosseyni vom Restaurant „Elena“ in Magdeburg liebevoll zubereitet und geliefert.

(Rasa Hinz, Fotos: Mehran Sadatkiaei)

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