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Vertrauen statt Argwohn

Der orthodox-katholische Arbeitskreis St. Irenäus tagte im rumänischen Cluj-Napoca zum Thema Schismen in der Kirchengeschichte

Der Gemeinsame orthodox-katholische Arbeitskreis St. Irenäus kam zu seiner 18. Jahrestagung an der Orthodoxen Theologischen Fakultät der Babes-Bolyai-Universität in Cluj-Napoca (Rumänien) zusammen. Die Tagung stand unter der Leitung des orthodoxen Ko-Vorsitzenden Metropolit Serafim (Joanta) von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa (Rumänische Orthodoxe Kirche) und des katholischen Ko-Vorsitzenden Bischof Dr. Gerhard Feige. 

In der Eröffnungssitzung wurde der Arbeitskreis von Erzbischof Andrei Andreicut, Metropolit von Cluj, Maramures und Salaj, von Vikarbischof Benedikt Bistriteanul und vom Dekan der Orthodoxen Theologischen Fakultät Archimandrit Teofil Tia begrüßt. Nach Grußworten der beiden Ko-Vorsitzenden stellten die Ko-Sekretäre den versammelten Professoren und Studierenden der Theologischen Fakultät die Arbeit des Irenäuskreises vor. 

In seiner ersten Plenarsitzung hieß der Arbeitskreis zwei neue Mitglieder willkommen: Schwester Susan Wood aus Toronto, Kanada, und Andrea Riedl aus Dresden, Deutschland, beide römisch-katholisch. Priester Ioan Vasile Leb von der Orthodoxen Theologischen Fakultät in Cluj war zu einem Vortrag eingeladen. Als Beobachter nahmen auch drei Doktoranden dieser Theologischen Fakultät teil. 

Das Programm der 18. Jahrestagung stand unter der Überschrift „Schismen in der Kirchengeschichte: Historische Analysen und ihre Bedeutung für die Methodik des heutigen ökumenischen Dialogs“. Die Diskussionen konzentrierten sich auf historische, dogmatische und pastorale Faktoren. Vier Vorträge befassten sich mit konkreten Beispielen von Schismen in der Alten Kirche und im frühen Mittelalter. Eine Sondersitzung befasste sich mit dem aktuellen Krieg in der Ukraine, der auch wichtige ekklesiologische Fragen aufwirft. Der abschließende Vortrag thematisierte die hermeneutischen und methodologischen Herausforderungen des ökumenischen Dialogs. Auf jeden Vortrag folgten eine oder zwei vorbereitete Antworten und eine allgemeine Diskussion.

Die Diskussionen zu dem Thema „Schismen in der Kirchengeschichte: Historische Analysen und ihre Bedeutung für die Methodik des heutigen ökumenischen Dialogs“ konzentrierten sich auf historische, dogmatische und pastorale Faktoren, wie aus dem Kommuniqué hervorgeht. In jeder schismatischen Bewegung gebe es wohl nicht nur negative, sondern auch einige positive Elemente, heißt es in den 17 abschließenden Thesen. Schismen könnten wertvolle Wahrheiten und Akzentuierungen bewahren. „Die ideale Lösung besteht darin, das Gute zu nutzen und die Energie der jeweiligen Bewegung im Sinne des Evangeliums zu nutzen.“ Ein überzeugendes Beispiel für diesen Ansatz sei die Art, wie Basilius der Große und Makarios (Makarios-Symeon, Pseudo-Makarios) auf die monastischen Bewegungen der Eustathianer und Messalianer reagiert hätten. Anstatt ausschließlich negativ zu antworten, hätten sie die Fehler dieser radikalen Asketen konstruktiv und mit pastoraler Sensibilität korrigiert. 

Schismen entwickeln sich nach Einschätzung des Arbeitskreises in Phasen, die nicht leicht zu erkennen seien. Auf der Suche nach Einheit bedürfe es möglichst objektiver historischer Analysen und Differenzierungen hinsichtlich der jeweiligen Ursachen und tieferen Gründe für die Entfremdung, den Streit, die Spaltung und das Erstarren im Schisma. „Es kann keine versöhnte Zukunft unserer Kirchen ohne eine Veränderung unserer Sichtweisen geben“, so die katholischen und orthodoxen Theologen. Einheit erfordere die Fähigkeit, legitime Manifestationen des Glaubens anzuerkennen, die in nicht vertrauten Formen, in nicht vertrauter Sprache und durch nicht vertraute Praktiken ausgedrückt würden. Dem schismatischen „Anderen“ sei am besten mit einer Haltung des Vertrauens, nicht mit einer des Argwohns zu begegnen. 

Schismen beträfen verschiedene Aspekte der Tradition der Kirche, wird weiter herausgestellt. Daher sei es wichtig, zwischen den unveränderlichen Grundlagen des Glaubens (Tradition) und lokalen und kulturellen Aspekten (Traditionen) zu unterscheiden, die sich nicht unbedingt gegenseitig ausschlössen. Spaltungen beträfen ursprünglich oft sekundäre Aspekte, die später übertrieben und dogmatisch begründet würden. Wesen und Definition des Schismas bedürfen nach Ansicht des Arbeitskreises weiterer Aussprache und Reflexion. Dazu gehörten die Frage, wie ein Schisma zu beschreiben ist, die äußeren Formen des Schismas und der Einfluss bereits bestehender Unterschiede und außerkirchlicher Faktoren. Obwohl Schismen durch nicht-dogmatische Gründe verursacht werden könnten, seien sie immer durch theologische Positionen gerechtfertigt worden. Diese Rechtfertigungen neigten dazu, Streitigkeiten zu dogmatisieren, hinter denen oft nicht artikulierte kulturelle, soziopolitische und psychologische Faktoren stünden. 

Der Arbeitskreis wurde 2004 auf Initiative des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik und einiger katholischer Ostkirchenexperten aus Deutschland, Österreich, Belgien und den Niederlanden gegründet. Dem Gremium gehören 13 orthodoxe Theologen aus verschiedenen Ortskirchen (Konstantinopel, Antiochien, Russland, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Amerika) und 13 katholische Theologen aus verschiedenen Ländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, USA) an.

Präsidenten sind der katholische Magdeburger Bischof Dr. Gerhard Feige und der rumänisch-orthodoxe Metropolit Serafim Joanta von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa. Die Mitglieder des Arbeitskreises werden nicht als Delegierte von ihren Kirchen entsandt, sondern aufgrund ihrer theologischen Kompetenz in den Arbeitskreis berufen.

(Norbert Zonker,KNA: Foto: Möhler-Institut)

Kommuniqué des Arbeitskreises St. Irenäus auf Deutsch zum Download

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