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Blick ins Plenum

Ein Bildungsgeschehen?

Bedeutung der Reformation für das christliche Bildungsideal

Die Reformation als ein Bildungsgeschehen? Mehr als 50 Teilnehmer|innen aus Wissenschaft und Praxis der katholischen Erwachsenenbildung haben sich am Wochenende in Magdeburg mit dem historischen Zusammenhang zwischen der Reformation und neuzeitlichem Bildungsideal und Bildungswesen befasst. Die Professoren Johanna Rahner, Tübingen, Günter Frank, Bretten, und Jörg Splett, Offenbach, gingen mit den Teilnehmenden dem reformatorischen Zugang zum Verhältnis von Glaube, Vernunft und Bildung nach sowie dessen Bestimmung in der gemeinsamen  - auch vorreformatorischen, katholischen - kirchlichen Tradition. Zudem zogen sie bildungspolitische Konsequenzen für den gemeinsamen Einsatz der Kirchen für das christliche Bildungsideal. Die Veranstaltung war ein Beitrag der Katholischen Erwachsenbildung für das Reformationsgedenken 2017.

Die Reformation wird kultur- und denkgeschichtlich gewöhnlich in engen Zusammenhang gebracht mit den Emanzipierungsbewegungen der entstehenden Neuzeit, mit der Aufklärung und dem Geist der Moderne, ja sie wird selbst ausdrücklich als „Bildungsgeschehen“ bezeichnet. Tatsächlich sind nicht nur von Luthers Bibelübersetzung, sondern besonders auch von Philipp Melanchthon entscheidende Impulse ausgegangen für eine allgemeine Alphabetisierung und für die Entwicklung des christlichen, auf die umfassende Entfaltung jedes einzelnen Menschen zielenden Bildungsideals. In Luthers Schriften finden sich ebenfalls Passagen, die einen breiteren allgemeinbildenden Bildungsbegriff beschreiben, allerdings lassen sich daraus noch nicht systematische Konzepte einer veränderten Ordnung ableiten. Nach dem Niedergang der Klöster in der Reformation fehlten vielerorts in den deutschen Staaten die grundlegenden Bildungseinrichtungen, die Krise wirkte sich sogar bis auf die Universitäten aus. Um das Bildungswesen wieder bzw. neu aufzubauen, argumentierte Luther mit der Notwendigkeit von Bildungsinstitutionen, um die Menschen für ein funktionierendes Staatswesen zu ertüchtigen, Ziel waren insbesondere „gute Beamte“ sowie gebildete kirchliche Amtsträger. Eine seiner herausragenden Leistungen ist es aber, dass er die Person als Subjekt in den Mittelpunkt seiner Theologie und Bildung setzte. Hintergrund bildete seine Auffassung, dass jeder einzelne vor Gott Rechenschaft ablegen muss. Der Mensch als Subjekt ist heute ein zentraler Aspekt des heutigen Bildungshandelns in Kirche und Gesellschaft.

Johanna Rahner machte in ihrem Vortrag deutlich, dass die der katholischen Kirche zugeschriebene Bildungsferne eine Entwicklung des 19. Jahrundert war. Der Antimodernismus der katholischen Kirche entwickelte sich als Abgrenzungsbewegung zum Gegner, „dem preußischen protestantischen Staat“, Anlass waren die „Kölner Wirren“ im Jahr 1837. Davon hat sich die katholische Kirche erst in Ansätzen mit dem 2. Vatikanischen Konzil erholt. In Teilen hängt ihr diese Sicht bis heute nach, auch weil einige ihrer Protagonisten sie immer wieder dann verstärken, wenn sie dualistisch von „Kirche und Welt“ oder „die Kirche soll nicht den weltlichen Entwicklungen nachlaufen“ sprechen.

Bischof Gerhard Feige legte in seinem Grußwort den Tagungsteilnehmern dar, dass im Reformationsgedenken beide Konfessionen Christus in den Mittelpunkt stellen wollen. Der gemeinsame Auftrag ist es der Welt von Christus zu erzählen sowie Zeugin und Zeuge seiner Botschaft zu sein. Dies müsse sich auch in der Bildungsarbeit beider Konfessionen verdeutlichen.

Veranstaltet wurde die Fachtagung von der Kommission „Theologie und Bildung“ der KEB Deutschland in Kooperation mit der Europäischen Melanchthon-Akademie, Bretten, dem Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik sowie der Katholische Akademie des Bistums Magdeburg und der KEB im Land Sachsen-Anhalt im Rahmen des Projektes „2017: Neu hinsehen! Ein katholischer Blick auf Luther“. Das Projekt wird von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, dem Kultusministerium Sachsen-Anhalt und dem Bistum Magdeburg gefördert. | Foto: Eckard Pohl

Mehr erfahren: www.luther-neu-hinsehen.de

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