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In Entwicklung investieren und akute Not lindern

Jahresbericht von Pfarrer Kudla in der Pfarrei „St. Augustin“ in Solla (Togo)

Wieder ist ein Jahr vergangen, ein Jahr voller Arbeit, froher und trauriger Ereignisse und einiger  Veränderungen in der Pfarrei „St Augustin“, Solla. Und setzte mich hin, (bzw. begebe mich zu  meinem Stehpult) und schreibe einen Bericht. Beginnen wir mit dem Pfarrteam. Im Januar ist ja mein langjähriger, treuer und intelligenter Vikar Bernard Yakpa gegangen. Bischof Jacques hat ihn für höhere Studien in Ökonomie ausersehen, die er an der Elfenbeinküste absolvieren wird.

Die Gemeinde begrüßte Vikar Emmanuel Agui, der in Solla durch sein einjähriges Praktikum 2010-11 kein Unbekannter ist. Vergleiche mit seinem Vorgänger sollte ich nicht anstellen, aber vieles ist anders geworden. Anstelle der Bienenzucht gibt es jetzt neben den allgegenwärtigen -und ehrlich gesagt etwas lästigen - Hühnern, auch Truthähne und Kaninchen. Zu Beginn hatten wir sogar 11 Schafe, die uns aber durch ein Versehen verloren gegangen sind. Man könnte sagen Vikar Emmanuel bemüht sich, als gutes Beispiel in Viehzucht und Eigeninitiative voranzugehen. Auch ein kleiner in der Trockenzeit zu bewässernder Garten wurde angelegt. Zu unseren Haustieren mit Katze und Hund gesellte sich Weihnachten 2019 sogar noch ein kleines Pata-Äffchen - zur Freude der Kinder und zum Studium mancher menschlicher Verhaltensweisen.

Um Haushalt, Küche und vieles andere kümmerte sich bis Juli Mama Navi, mit bürgerlichen Namen Cecile Dongo, eine Witwe mit vier zum Teil erwachsenen Kindern und ausgezeichneten pädagogischen Fähigkeiten. Viel Pastoral spielt sich bei uns in der Küche ab. Es muss dazu gesagt werden: Die Küche von St. Augustin Solla ist nicht wie in Europa ein geschlossenes Zimmer. Neben der im kreuzgangförmigen Haus eingebauten Küche gibt es noch einen Pavillon mit zwei Feuerstellen, der als Außenküche dient, wo gekocht und geschwatzt wird, wo immer Jugendliche sitzen oder Fremde kommen und warten. Mama Cecile ist die gute Seele dieses Ortes und des ganzen Pfarrhauses – gewesen. Ich muss in der Vergangenheit sprechen, denn der Herr hat sie am 19. Januar 2020 zu sich gerufen. Unvorstellbar, dass diese Frau mit dem Brustkrebs, der 2017 diagnostiziert wurde, noch 2 Jahre unermüdlich gearbeitet hat und eigentlich erst in den letzten zwei Monaten wirklich darniederlag. Ihr Glaube und ihr außergewöhnliches Gottvertrauen haben ihr Kraft gegeben, ich kann es nicht anders sagen.

Schon seit Juni, arbeitete Brigitte Kossi, in der Küche mit. Später hat sie die ganze Arbeit übernommen. Da ihre Eltern die Abiturientin nicht unterstützen, haben wir ihr diese Arbeit gegeben, um später ihre Ausbildung zu bezahlen.

Im Jahr 2020 gab es 3 Volontäre im Pfarrhaus, einen togolesischen, Mathieu Pelenka und zwei Deutsche, Anne Sirch aus Leuna und Juri Gebauer aus einem Dorf bei Stendal. Vor allem Anne ist da hervorzuheben. Sie hat in den 6 Monaten, die sie für Togo eingeplant hat, erstaunlich viele Ideen entwickelt und Aktivitäten entfaltet hat, Musik, Bibliothek, Sport, Basteln und vieles andere. Es hat sich wiedermal gezeigt: Afrika ist ein Kontinent der unbegrenzten Möglichkeiten und ein Ort wo die Menschen unkompliziert sind, so dass schnell Kontakte und Arbeit gefunden werden kann.  Anne ist auch ein Beispiel, dass die Tropenkrankheiten kein Hindernis zu sein brauchen, um die afrikanische Welt und Denkweise zu erkunden und die Welt mal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu sehen. Sie war in der Zeit hier in Togo eigentlich nie krank.

Eine zentrale Rolle im Pfarreigeschehen spielt nach wie vor Pascal Kezie, der Mann für alles im Pfarrbüro, der auch als Sozialarbeiter tätig ist, als Katechist eine Außenstation leitet und Kinder in seine Familie aufnimmt.

Verschiedene Kinder wurden im Anbau des Pfarrhauses aufgenommen. Zunächst Albert, einen 15jähriger Halbwaise, der Schlimmes erlebt hat mit seinem Vater und bei uns aufgenommen wurde. Schön wäre es, mal einen Psychologen zu haben, der solche Kinder unter die Lupe nehmen kann. Aber vorerst muss es das einfache Gebet und Zuhören tun. In den Ferien sind auch die 19jährigen Charles und Agbeleto da. Ansonsten werden beide am Schulort in Pagouda bzw. Kara begleitet.  Beide quasi Waisenkinder haben große schulische Probleme, und könnten auch mal einen Psychologen gebrauchen.

Auch unser Sorgenkind Adeline, die wir 2014 quasi auf der Straße aufgelesen haben und seit dem zu erziehen versuchen, tauchte im März wieder auf, mit einer Schwangerschaft deren Ursprung wir bis heute nicht herausbekommen haben. Wir konnten nun unser Zeugnis für die Barmherzigkeit Gottes und den Schutz des ungeborenen menschlichen Lebens ablegen. Der kleine Willibrord, den wir alle sehr lieb gewonnen haben, wurde am 9. November in Solla als weiterer Pfarrhausbewohner geboren. Alle Kosten hat der Pfarrer getragen. Aber wir staunten dann doch über unsere Erziehungserfolge, denn das launische Mädchen Adeline scheint eine ziemlich liebevolle Mutter geworden zu sein.

Auch die 15jährige Reine, die erst neulich zu uns stieß, ist uns als gefährdetes Kind anvertraut worden, diesmal von den Don Bosco Schwestern in Cotonou der Hauptstadt von Benin, die sich um Straßenkinder kümmern und sie in ihr Heimatdorf zurückführen. Da sie Opfer von Kinderhandel war, müssen wir mit ihrer Familie vorsichtig sein und behalten sie erst einmal im Pfarrhaus. Sicher ist Reine eines der Millionen Opfer von Kindesmissbrauch auf unserer Erde.

Vier Kilometer vom Pfarrhaus entfernt, in Banwaré sind leider nur zwei Schwestern, Schwester Marthe und Schwester Jeampi. Es ist sicher schwer für die junge afrikanische Kongregation, deren Schwestern viel in Städten, Bildungszentren oder Ordinarien arbeiten, ein solches Haus im Busch zu unterhalten. Das sollte man ihnen hoch anrechnen. Neulich legte uns die Generaloberin einen Kostenvoranschlag für eine Wasserpumpe vor, da das Wasser immer noch an der Außenpumpe geholt werden muss. Das Projekt kostet etwa 3000 Euro. Man muss sagen, dass im Dorf alle das Wasser an der Pumpe holen. Nur im Ort Solla ist ein Wasserturm gebaut wurden, an dessen Verteilungsnetz man sich anschließen kann, konnte das Pfarrhaus von fließendem Wasser profitieren. Wir können nicht all diese Wünsche erfüllen. Es müsste auch das Haus mal wieder gestrichen werden und die Außenküche fällt bald zusammen.

Die beiden afrikanischen Schwestern arbeiten eigentlich gut in verschiedenen Domänen: Weberei, Feldbau, Katechese, Kommunionhelfer, Familienbesuch. Vor allem Schwester Jeampi mit ihren groß angelegten Kinderveranstaltungen, wo sie, alles in einem, singt, lehrt, tanzt und kocht, ist hervorzuheben.

Kommen wir zu den besonderen Ereignissen
-        Im April gab es den Pastoralbesuch des Bischofs, der alle drei Jahre stattfindet. In diesem Jahr hatten wir ihm immerhin 35 Jugendliche und Erwachsene zur Firmung präsentieren können. Wir führten Monseigneur am zweiten Tag seines Besuches in eine unserer entlegenen Stationen, Yomdé, wo in einer offenen Kirche ein Altar aus in der Flur gefundenen Felsbrocken erstellt worden ist. Ein Beispiel, wie man mit wenigen Mitteln Großes und Heiliges schaffen kann.
-        Eine Woche später gab eine lang ersehnte Hochzeit in Solla, die einzige in diesem Jahr. Auch bei uns sind jene, die sich das Ja-Wort am Altar geben wollen rar. Die Trauung von Calixte und Julienne wurde so zu einem richtigen missionarischen Ereignis. Und so wurde sie auch gefeiert. Natürlich fühlte sich jeder eingeladen und viele brachten auch etwas mit. So dass das Fest gelang und im Gedächtnis bleibt. Natürlich ging es nicht ohne eine kleine Unterstützung der Pfarrei für das arme Paar.
-        Als weiteres Großereignis kann das kultische Assagu-Fest gelten, das alle 5 Jahre stattfindet. Hier muss jeder gestandene Familienvater einmal im Leben seine Frau gebührend ehren, einen Ochsen schlachten und ein großes Fest veranstalten. Seit einem Jahr haben wir eine relativ gut arbeitende Gruppe zum Studium der Solla-Kultur (Meyope-Kultur), in diesem Jahr ist es uns gelungen mit einem Kandidaten ein wirklich christliches Fest daraus zu machen, das im Juli gefeiert wurde.
-        Vor dem Asagoufest wurde die St. Maurice – Kapelle auf dem Kuyope-Berg in Betrieb genommen. Sie ist noch nicht vollendet. Der Name St. Mauritius ist absichtlich gewählt, zunächst um einen afrikanischen Heiligen zu ehren, dann um die Tradition des Sollavolkes anzuknüpfen, das alle 2 Jahre dort das Itchombi-Fest feiert, die öffentliche Beschneidung der jungen Männer, wo es um Mut geht, aber auch um an das Bistum Magdeburg zu erinnern, denen wir viel zu verdanken haben.
-        Über Priesternachwuchs können wir, wie bekannt, nicht klagen. Von unseren drei Kandidaten wurde zwei, Nestor Tchitatcheba und Alexis Akala mittlerweile zum Diakon geweiht. Der dritte wurde als Lektor gesegnet und in die Soutane eingekleidet. Es ist Norbert, der Sohn der verstorbenen Haushälterin. Die Zeremonie, die in der Pfarrei stattfand war die letzte öffentliche Messe, an der die Mutter teilnehmen konnte. Viele sahen gar nicht, wie krank sie war, so sehr stand bei ihr die Freude im Vordergrund, ihren Sohn im weißen Gewand des Geistlichen zu sehen.
-        Der Steyler Missionar Victorin Usui aus der Beniner Pfarrei Berma wurde im Mai in Chikago geweiht und somit erster Priester des Solla-Volkes. Im Ursprungsort seines Volkes, in Solla wurde das im Juli gebührend gefeiert. Wer Pater Victorin mal kennenlernen will, muss nach Dresden Cotta gehen, wo er im Namen seines Ordens zur Zeit wirkt.
-         Eine Fußwallfahrt mit etwa 100 Jugendlichen gehört zum jährlichen Standardprogramm der Pfarrei. 3 Tage waren wir im September gemeinsam auf dem Weg. In der Kirche „Heilige Familie“ von Defalé feierten wir den Wallfahrtsgottesdienst.

Schlussbemerkung
15 Jahre bin ich nun schon in Solla. Es war eine gute Zeit, in der viel aufgebaut wurde und vielleicht viel in den Herzen und Köpfen der Menschen geschah. Vor allem dem Bistum Magdeburg ist zu danken und den vielen Spendern und die, welche auf unserer Arbeit aufmerksam machen. Die verwendeten Mittel, das sieht viel aus, aber Möglichkeiten in Entwicklung zu investieren und akute Not zu lindern, gibt es immer noch viele.
Einen herzlichen Gruß und Segenswunsch nach Deutschland!

Ihr Ronald Kudla

Pfarrei „St. Augustin“
Solla (TOGO)
Diözese Kara
B.P. 76, Pagouda

Das Spendenkonto in Magdeburg, über das ich auch die Spenden für SOLIDARITÉ erbeten habe, hat sich geändert.

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Vermerk: Mission Kudla

(Kudla/Foto: Pfarrei St. Augustin - Togo)

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