Auf Erden, aber unter offenem Himmel

Am Hochfest Christi Himmelfahrt spendete Bischof Dr. Gerhard Feige an zwei Orten im Bistum Magdeburg die Firmung. Deshalb fragte er auch in seiner Predigt: „Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ Mit Christi Himmelfahrt feiert die Kirche die Rückkehr Jesu Christi als Sohn Gottes zu seinem Vater in den Himmel. Verbindet sich damit, so der Bischof weiter,  eine zu große Fixierung auf dem Himmel und eine erhebliche Distanz zur Erde?

In einer Welt, in der der christliche Glauben immer unwichtiger zu werden scheint, wird das Leben auf Erden reduziert auf das hier und jetzt, auf die Suche nach dem irdischen Glück, nach dem Alles und das möglichst sofort. Ob diese Leben aber glücklicher mache ist fraglich. „Man jagt dem Leben hinterher, als ob man etwas verpassen würde. Alles muss ausgeschöpft werden – in der Arbeit, in der Liebe, im Vergnügen. Überall versucht man krampfhaft, das Glück zu finden – und erlebt nur immer neu, dass es einem unter den Händen zerrinnt. Wie viele Existenzen und Beziehungen gehen daran kaputt! Manche setzen sich selbst rücksichtslos durch, koste es, was es wolle. Andere steigen aus, „machen ihr Ding“, nehmen Drogen oder suchen den „ultimativen Kick“, um wieder einmal zu spüren, dass sie überhaupt noch leben.“

„Nicht mehr, die Erde zu vergessen, ist in unserer Zeit die Gefahr, sondern den Himmel aus dem Blick zu verlieren“, so der Bischof weiter.  Dabei stelle sich die Frage, ob der Himmel mehr als ein Ort im geographischen oder physikalischen Sinne sei. „Wer sich der Wirklichkeit mit allen Sinnen, mit Herz und Verstand öffnet, wird manchmal zum Staunen kommen. Und nicht nur Liebende hoffe, „dass es im Leben doch „mehr als alles“ geben muss.“

Hier sieht Feige einen Ansatzpunkt für eine christliche Definition von Himmel: „Himmel“ ist eine Umschreibung für Gottes Gegenwart, für eine Wirklichkeit, in der es keinen Tod mehr gibt, in der unsere Sehnsucht an ihr Ziel kommt. Und darin ist Jesus Christus nach seinem Tod und seiner Auferstehung angekommen. Himmel leuchtet in der herrlich gestalteten Schöpfung auf, in der Vielfalt der Arten und Formen; er leuchtet da auf, wo Menschen ihrer Sehnsucht trauen und mit Zuversicht leben; und er leuchtet überall da auf, wo man einander in Liebe begegnet, über den eigenen Tellerrand hinaus schaut und für andere da ist, „wo Menschen“ – wie es in einem Lied heißt – „sich vergessen, die Wege verlassen, und neu beginnen, ganz neu“. Das alles sind Ausdrucksformen, wo Gottes Ewigkeit zum Klingen kommt.“

„Von dort her beziehen wir unsere Kraft,“ so der Bischof, „um nicht zu resignieren, um unser Leben zu bestehen und uns manchmal sogar zu überschreiten.“

An die Firmanden gewandt betonte Feige: „Wendet euch gleichzeitig der Erde zu. Ihr seid für die Schöpfung verantwortlich. Sie ist euch anvertraut. Gestaltet das Leben der Menschen auf dieser Erde mit. Wie viel Not gibt es doch hier, wie viel Unheil, das von Menschen verursacht wird, wie viel Blödsinn und Hetze, Ausgrenzung und Hass. Tragt dazu bei, dass die Welt menschlicher wird.“   Gestärkt durch den Heiligen Geist in der Firmung lasse Gott uns nicht allein. „Die Gegenwart, unsere Erde und unser Alltag sind voll von seinen Spuren. Immer wieder kann sich der Himmel für uns öffnen – und immer wieder können wir ihn auch für andere offen halten. Wir sind Wanderer zwischen den Welten. Wir leben auf Erden, aber unter einem offenen Himmel.“

Die Predigt von Bischof Dr. Gerhard Feige