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Wirkung meiner Worte erst später begriffen

Hallenser U30-Synodale Mara Klein im Interview mit katholisch.de

Die Wortmeldung von Mara Klein gehörte zu den meistbeachteten Beiträgen bei der ersten Versammlung des Synodalen Wegs. Im Interview mit katholisch.de spricht Klein nun über die Reaktionen auf ihre* Rede, ihre* Gespräche mit Bischöfen und ihre* Erwartungen an den weiteren Verlauf des Reformprozesses.

"Ich hoffe doch, dass wir uns unwohl fühlen": Mit einem ebenso emotionalen wie wortgewaltigen Redebeitrag hat Mara Klein bei der ersten Synodalversammlung des Synodalen Wegs in der vergangenen Woche für Furore gesorgt. Ihre* Wortmeldung, in der sie* die Kirche unter anderem als "Verein von Tätern" bezeichnete und mit Blick auf die Ursachen des kirchlichen Missbrauchsskandals von einer "massiven strukturellen Sünde" sprach, wurde unter den Delegierten und in den Medien breit zitiert und diskutiert. Im Interview mit katholisch.de spricht Klein, die* sich als nichtbinär identifiziert (das heißt, sie* identifiziert sich weder als Mann noch als Frau), über die Reaktionen auf ihren* Beitrag, ihre* Gespräche mit Bischöfen am Rande der Versammlung und ihre* weiteren Erwartungen an den Reformprozess.

Frage: Mara Klein, wie haben Sie Ihren viel beachteten Redebeitrag bei der Synodalversammlung in Frankfurt selbst erlebt?

Klein: Ich war aufgeregt. Verständlicherweise, schließlich habe ich noch nie in einem vergleichbaren Rahmen gesprochen. Ich hatte kurz vorher ein paar Stichpunkte gemacht, was ich sagen wollte, aber am Ende war es dann doch sehr improvisiert. Als ich dann wieder saß, habe ich für ein paar Minuten nicht wirklich viel wahrgenommen. Ich habe erst später langsam angefangen zu begreifen, welche Wirkung meine Worte hatten. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich habe mich in dem Moment auch nicht mutig gefühlt. Ich hatte das Gefühl, dass es jetzt wichtig ist, etwas zu sagen und das habe ich getan.

Frage: Sie haben in ihrem Beitrag vor allem auch die versammelten Bischöfe angesprochen. Haben Bischöfe danach mit Ihnen das Gespräch gesucht?

Klein: Es haben sehr viele Menschen danach das Gespräch gesucht. Ich bin den meisten Teilnehmer*innen auf der Versammlung zum ersten Mal begegnet. Deswegen kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen, wer mich alles angesprochen hat. Wenige Bischöfe haben versucht, mit mir ins Gespräch zu kommen. Aber einige haben mir hinterher die Hand gegeben und sich für den Beitrag bedankt. Die Gespräche, die ich mit Bischöfen hatte, habe ich als bereichernd wahrgenommen.

Frage: Welche Reaktionen haben Sie darüber hinaus persönlich bekommen und wie haben Sie diese Reaktionen erlebt?

Klein: Ich habe sehr viele positive und persönliche Reaktionen bekommen. Viele sind gleich in der Pause auf mich zugekommen und haben mir die Hand gegeben. Die meisten haben sich für meinen Mut bedankt, andere haben mir zugestimmt oder ihre persönliche Reaktion mit mir geteilt. Gesagt, dass sie sich vertreten fühlen, dass sie ermutigt sind oder berührt. Dann habe ich schon an dem Tag immer wieder Reaktionen aus den Medien zugeschickt bekommen. Freunde von außerhalb der Synode haben mir geschrieben, aber auch Bekannte und Fremde haben reagiert. Viele der Reaktionen haben mich sehr gerührt – ich hatte nicht damit gerechnet und die Menschen waren so ehrlich dankbar, dass es mich auch jetzt noch trifft. Ich wusste oft nicht, was ich sagen soll. Aber ich war und bin unglaublich dankbar, erfahren zu dürfen, dass ich für die Menschen gesprochen habe. Das gibt mir viel Kraft und Hoffnung.

Frage: Hat Sie die große Resonanz auf Ihren Redebeitrag denn überrascht?

Klein: Ich erinnere mich, dass ich kurz nach meinem Redebeitrag eine Nachricht von Vera (Vera Scheuermeyer, eine der unter 30-jährigen Delegierten der Synodalversammlung, Anm. d. Red.) bekommen habe. Sie hat gesagt, dass ich ihr Bescheid sagen kann, wenn ich eine Pause brauche von den ganzen Gesprächen, die ich wahrscheinlich gleich führen werde. Erst in dem Moment ist mir klar geworden, dass ich offenbar etwas gesagt habe, worauf reagiert werden wird. Ich war und bin noch sehr überwältigt von den vielen Reaktionen. Ich habe nicht damit gerechnet. Aber ich bin dankbar zu sehen, dass sich so viele Menschen in meinen Worten wiederfinden.

Frage: Wie bewerten Sie mit ein paar Tagen Abstand die erste Synodalversammlung?

Klein: Es ist schwierig, so etwas zu bewerten. Nach welchen Kriterien? Ich denke, an meinen Erwartungen gemessen war die Synodalversammlung überraschend stark. Es gab viele beeindruckende Redebeiträge und ich hatte das Gefühl, dass viele Menschen dort wirklich sind, um etwas zu bewegen. Das stimmt mich hoffnungsvoll. Was die Umsetzung demokratischer Elemente angeht, ist auf jeden Fall noch Spielraum nach oben. Zum Beispiel finde ich es nicht schwierig, dass wir lange über die Geschäftsordnung debattiert haben. Aber dass die Zeit zur Wahl der zusätzlichen Teilnehmer*innen der Synodalforen so begrenzt und der Vorgang selbst recht unübersichtlich war, sehe ich kritisch. Auch was die Moderation und die Transparenz von Prozessen besonders im Vorfeld der Versammlung angeht, haben wir hoffentlich für den weiteren Prozess dazugelernt. Demokratische Prozesse leben davon, dass solche Dinge angesprochen, reflektiert und verbessert werden. Das ist viel Arbeit, aber sie dient ja auch einem hohen Anspruch.

Frage: Was erhoffen Sie sich nach der ersten Versammlung für den weiteren Synodalen Weg?

Klein: Ich hoffe, dass wir es schaffen, zu zeigen, dass der Wille zu notwendiger Veränderung innerhalb der Kirche schon lange da ist, dass er stark ist und dass er Berechtigung hat. Es braucht lebendigen Diskurs und es braucht ein ständiges Erinnern daran, warum wir da sind. Am Ende werden hoffentlich Beschlüsse stehen, die einen tragbaren Konsens spiegeln und nicht die alleinige Haltung einer Gruppe. Es ist wichtig, nicht zu vergessen, dass der Synodale Weg allein keine kirchenrechtliche Wirkmacht hat. Deswegen hoffe ich auch, dass auf dem weiteren Weg noch deutlicher wird, dass wir gemeinsam unterwegs sind; gemeinsam und – zumindest auf diesem Teil des Weges – auch gleichberechtigt. Ich denke nicht, dass es ein leichter Weg wird, aber ich hoffe, dass es der richtige sein kann.

Von Steffen Zimmermann

Zur Person

Mara Klein (23) ist Mitglied der Synodalversammlung des Synodalen Wegs der katholischen Kirche in Deutschland. Sie* wurde vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) berufen und gehört zur 15-köpfigen Gruppe der unter 30-Jährigen. Klein studiert in Halle an der Saale und engagiert sich in der dortigen Katholischen Studentengemeinde St. Thomas Morus.

Der Beitrag von Mara Klein auf der ersten Synodalversammlung zum Nachhören

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