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Über den Verstand hinaus

Festlicher Segnungsgottesdienst der Ehejubilare in der Kathedrale St. Sebastian

Spätestens als das Ave Maria von Schubert vom Orgelboden der Kathedrale erklang, gespielt von Marie-Therese Finkler an der Trompete und Kathedralmusiker Matthias Mück an der Orgel, wurde es dem einen oder der anderen warm ums Herz. 47 Ehepaare, die ihre Goldene Hochzeit gefeiert haben und 42 Paare, die mehr als 60 Jahre verheiratet sind sowie ein Paar, das bereits 70 Jahre verheiratet ist, waren zum Segnungsgottesdienst nach Magdeburg gekommen. „Diese Segnungsfeier bewegt mein Herz“, sagte Bischof Dr. Gerhard Feige gleich zu Beginn des Gottesdienstes.

Nach den Corona-Jahren konnte in diesem Jahr endlich wieder gefeiert werden. „Welche Erfahrungen haben Sie in den 50, 60 oder mehr gemeinsamen Ehejahren gemacht?“, fragte der Bischof zu Beginn seiner Predigt. „So manche Auf-, Ab- und Umbrüche liegen hinter Ihnen. Was hat sich doch seit Ihrer Hochzeit in unserer Welt alles verändert: die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die gesellschaftliche und kirchliche Situation, der Lebensstandard und manche Wertvorstellungen. Und vieles ist gerade auch in der gegenwärtigen Zeit in einem tiefen Wandel begriffen.“ Neben Sternstunden in der Ehe habe es sicherlich auch Tiefpunkt, neben Freude auch Leid gegeben.

„Und trotzdem sind Sie Ihrem Eheversprechen treu geblieben, meistern das Leben Seite an Seite; sicherlich nicht, weil Sie bislang blind durchs Leben gegangen sind, sondern weil sie erfahren haben, dass Liebe nicht blind, sondern sehend macht. Denn sie lässt uns sehen, was wesentlich ist,“ auch in Anspielung auf den Kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry, der die Botschaft formuliert: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

Aber wie kann man mit dem Herzen sehen? „Eine solche Haltung“, so der Bischof, „kann sich in der Bereitschaft ausdrücken, sich mit dem Offensichtlichen und Oberflächlichen nicht zufrieden zu geben und es deshalb zu hinterfragen. Hilfreich ist dazu auch, sich bewusst zu sein, dass wir einen anderen Menschen niemals vollkommen verstehen und kennen können. Jede und jeder ist und bleibt letztlich ein Geheimnis.“ Neugierde und die Offenheit, dass in jedem Menschen viel mehr stecke als was wir zu kennen meinen, sei der Anfang, mit dem Herzen sehen zu lernen.

„Was unser Herz dann sieht, mag für andere vielleicht nicht immer einsichtig sein. Den Menschen aber stattdessen auf den Verstand zu reduzieren, wird der Wirklichkeit auch nicht gerecht. Dazu sagt der neuzeitliche Denker Blaise Pascal recht treffend: „Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt.“ Diese Worte schreibt er als Naturwissenschaftler und Mathematiker, weil ihm bewusst ist, dass der Mensch mehr ist, als wir mit dem bloßen Verstand begreifen können.“

„Über den Verstand hinaus mit dem Herzen zu sehen, verlangt aber noch weiteres“, so der Bischof mit Verweis auf den Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Kolossä. „Erbarmen, Güte, Demut, Milde und Geduld sind sicherlich Eigenschaften, die es in jeder partnerschaftlichen Beziehung, die auf Dauer ausgerichtet ist, braucht. Es sind aber auch Eigenschaften, die uns darüber hinaus prägen sollten, gerade in Zeiten, in denen Anfeindungen wieder häufiger und immer radikaler werden und Menschen auf der Flucht aus ihren Heimatländern bei uns Schutz und eine friedvolle Zukunft zu finden versuchen. Umgekehrt sind wir ja auch selbst immer wieder auf das Erbarmen, die Milde und die Geduld der anderen angewiesen. Ohne solche Haltungen kann ein gutes Miteinander nicht gelingen – nicht in einer Partnerschaft und nicht im gesellschaftlichen Miteinander.“

„Um gut und in Frieden zusammenzuleben, sind sicher – worauf Papst Franziskus hinweist – drei Worte hilfreich: „Bitte – Danke – Entschuldigung“. Es sind einfache Worte, aber sie erfordern große Kraft. „Bitte“: Das bedeutet, dass man Respekt vor dem anderen hat und nicht einfach über ihn oder sie verfügt. Einander um etwas zu bitten, ermöglicht immer neu, sich gegenseitig etwas zu schenken, ja: sich selbst zu schenken. Ähnliches gilt für das Wort „Danke“: Wer „Danke“ sagen kann, erkennt damit die Würde der anderen Person an und hält nichts für selbstverständlich.“ Besonders schwer falle vielen das dritte Wort: „Entschuldigung“. „Doch ohne die Bitte um Vergebung einerseits und ohne die Bereitschaft zu verzeihen andererseits werden „kleine Risse zu großen Gräben“.“ „Bitte, Danke, Entschuldigung“ – seien zudem die Schlüsselwörter für das Gelingen einer guten Ehe, für das Zusammenleben in unseren Familien und in der Gesellschaft.

„Wer aber echte Liebe erfährt, kann eine Ahnung von der Liebe Gottes bekommen“, so der Bischof. „Liebe ist also nicht bloß ein Gefühl neben anderen, sondern die Antwort auf die Liebe, die uns zuvor von Gott geschenkt ist.“

Im Anschluss feierten die Jubelpaare noch bei Kaffee und Kuchen in voller Dankbarkeit für diesen festlichen Gottesdienst, bei dem auch Bischof em. Leo Nowak bei der Segnung der vielen Paare unterstützte.

(sus; Fotos: Sperling)

Predigt von Bischof Dr. Gerhard Feige zum Download

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