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„Frauen ins Amt!“

102 Männer schreiben, darunter Bischof Dr. Gerhard Feige – "Frauen ins Amt!" - Schwester Philippa Rath legt mit neuem Buch nach

Vor genau einem Jahr hatte die Ordensschwester und katholische Theologin Philippa Rath bundesweites Aufsehen erregt. Ihr Buch "Weil Gott es so will" enthielt Lebenszeugnisse von 150 Frauen, die sich zur Priesterin oder Diakonin berufen fühlen, diese Berufung aber in der katholischen Kirche nicht leben können, weil Weiheämter Männern vorbehalten sind. Jetzt legt Philippa nach: Das von ihr und dem Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose herausgegebene neue Buch trägt einen Titel mit Ausrufezeichen: "Frauen ins Amt! Männer der Kirche solidarisieren sich".

Das Buch enthält Texte von 102 Männern unterschiedlicher Generationen und Positionen – darunter Laienkatholiken, Theologen, Priester, Ordensleute sowie einige Bischöfe aus Deutschland und aller Welt, darunter auch Bischof Dr. Gerhard Feige. Sie solidarisieren sich jeweils mit der Forderung der Frauen nach mehr Teilhabe und Leitungsverantwortung. Ein großer Teil der Autoren spricht sich ausdrücklich für eine Öffnung der Weiheämter für Frauen aus. Viele schildern einen jahrelangen Prozess des eigenen Umdenkens.

Der Magdeburger Bischof schreibt in dem Buch unter dem Titel: „Verändert hat sich die Kirche nicht nur in Kleinigkeiten“:

Immer noch fehlen der katholischen Kirche an entscheidenden Stellen die Frauen, da sie bislang keine Möglichkeit haben, geweiht zu werden. Darüber gibt es neben manchen wissenschaftlichen Untersuchungen zum Teil äußerst kontroverse Meinungen, auch die schon mehrmals formulierte päpstliche Absage, zur Weihe von Frauen „nicht berechtigt zu sein“ bzw. dazu „keinerlei Vollmacht zu haben“. Begründet wird das mit der „Treue zum Vorbild des Herrn“, der zweitausendjährigen Tradition und der Notwendigkeit, männlich zu sein, um Christus repräsentieren zu können. Tatsächlich sind kirchengeschichtlich keine ausdrücklichen Priesterinnen nachzuweisen. Beim Diakonat für Frauen aber greifen diese Argumente nicht, da neutestamentliche und altkirchliche Anzeichen nahelegen, dass ein derartiges Amt zeitweise und in manchen Regionen durchaus existiert haben muss.

Deswegen oder trotzdem die Weihe von Frauen rigoros abzulehnen, überzeugt viele nicht mehr. Man kann – so sagt auch Papst Franziskus – die Lehre nicht bewahren, ohne ihre Entwicklung zuzulassen. Und verändert hat sich die Kirche nicht nur in Kleinigkeiten. Schließlich ist sie sowohl in ihrer äußeren Gestalt als auch in ihrer Theologie, ihrem Selbstverständnis und ihrer Verkündigung nicht zeit- und raumlos, sondern dialogisch inmitten der Weltgeschichte unterwegs und davon geprägt. Das aber bedeutet auch, das Evangelium immer wieder in die jeweiligen Verhältnisse zu übersetzen, bedeutet Inkulturation und Aggiornamento, Vergegenwärtigung im Hier und Heute. 

Schon die Auseinandersetzung darüber, ob auch Heiden – also Nicht-Juden – Christen werden können, gehört dazu. Gleichzeitig verschwindet der Zwölferkreis als zunächst konstitutiv angesehener Repräsentant der zwölf Stämme Israels, obwohl er zuvor noch einmal beim Ausfall des Judas durch die Nachwahl des Matthias ergänzt worden war, sang- und klanglos aus der Geschichte. Und dann durchdringt das Evangelium das ganze Römische Reich, überschreitet die Grenzen zu den Germanen und Slawen, erreicht Asien und Afrika und gelangt schließlich zu allen Völkern und Nationen. Dabei greift es auch nichtchristliche Vorstellungen und Gebräuche auf und drückt sich darin aus. In den letzten Jahrzehnten markiert besonders die Anerkennung der Religions- und Gewissensfreiheit sowie der Menschenrechte einen bedeutsamen Bruch mit den bisherigen Überzeugungen, ebenso der Eintritt in die ökumenische Bewegung und den interreligiösen Dialog oder jüngst die Verwerfung der Todesstrafe.

Könnte der Geist Gottes uns nicht auch zu weiteren Erkenntnissen führen? Im Französischen wird – worauf Yves Congar verweist – zwischen der „Tradition“ und den „traditiones“ unterschieden. Die groß geschriebene einzigartige Tradition ist – theologisch verstanden – die Treue zur unüberbietbaren Offenbarung Gottes in Jesus Christus durch den wechselvollen Lauf der Geschichte hindurch. Die klein geschriebenen Traditionen hingegen sind historisch und kulturell bedingte Formen, die dem Glauben im jeweiligen Kontext einen lebendigen Ausdruck verleihen, für die Nachwelt aber nicht unbedingt erforderlich bleiben müssen. In vielem spiegeln sie positiv wie negativ den Zeitgeist vergangener Epochen wider und sind damit veränderbar. Freilich darf das nicht nach Gutdünken geschehen. Verantwortungsbewusste Überlegungen und Entscheidungen sind gefragt.

Insofern fordern die grundsätzliche Gleichberechtigung der Frauen in modernen Gesellschaften und die Besinnung auf ihre ebenbürtigen Charismen uns als katholische Kirche heraus, dem auch in der Ämterfrage einen angemessenen Ausdruck zu verleihen. Das jedoch für eine weltweite Gemeinschaft angesichts der Ungleichzeitigkeit der kulturellen Entwicklungen und der gegensätzlichen Auffassungen in dieser Frage zu lösen, ist nicht leicht, muss aber entschieden angegangen werden. Vor einiger Zeit hätte ich das so noch nicht denken können. Inzwischen meine ich aber, dass es dabei weniger darauf ankommt, sich an der Vergangenheit oder gegenwärtigen Widerständen zu orientieren, als daran, was in unserer Zeit der Botschaft des Evangeliums entspricht, dem Heil der Menschen dient und dem Volk Gottes weiterhilft.

Philippa Rath (Herausgeberin) und Burkhard Hose (Herausgeber): "Frauen ins Amt! Männer der Kirche solidarisieren sich." Verlag Herder, Freiburg 2022, 304 Seiten, 25 Euro, ISBN: 978-3-451-39253-5.

(katholisch.de; gf; Foto: Sperling)

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